Im Programmheft des Gustav-Adolf-Werkes trägt der
Gottesdienst die Nummer 60. In Wolfhagen wurde einer von 175 Gottesdiensten
gefeiert. Der Sonntag Kantate war dazu ein angemessener Anlass. Die
Kreiskantorei des Kirchenkreises Wolfhagen unter der Leitung von
Kirchenmusikdirektor Bernd Geiersbach gestaltete den Gottesdienst mit. In Texten
und Lieder wurde die Geschichte des großen evangelischen Diasporawerkes bedacht.
In seiner Predigt setzte sich Pfarrer Hans Jürgen Basteck, Mitglied in der
Hauptgruppe Kurhessen-Waldeck des Gustav-Adolf-Werkes mit dem Motto des Werkes
zusammen: Lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens
Genossen. (Gal 6,1)
Pfarrer Basteck führte im Gottesdienst mit Prädikant
Günther Dreisbach ein Interview. Dreisbach war von 1984 bis 2005 Schatzmeister
der Hauptgruppe Kurhessen-Waldeck.
Pfarrer Basteck und Prädikant Dreisbach
Basteck
: Was hat es mit dem Namen auf sich und warum
trägt ein kirchliches Werk in Deutschland nach wie vor den Namen eines
Schwedenkönigs?
Dreisbach
: Gustav II. Adolf wurde 1594 geboren. Er wurde
bewusst evangelisch erzogen. Mit 16 Jahren, 1610, musste er die Regentschaft
über Schweden antreten. Die Wiederherstellung von Recht und Gesetzlichkeit
zählte er zu seinen Hauptaufgaben. Nach damaligem Verständnis waren hierzu auch
militärische Mittel erlaubt. Als im 30-jährigen Krieg, dessen Schrecken uns in
diesem Jahr auch durch Paul Gerhardt besonders nahe kommen, die übermacht der
kaiserlich-katholischen Liga das evangelische Lager in Deutschland zu besiegen
drohte, griff Gustav II. Adolf in den Krieg ein. Er war besorgt, dass ein
Jahrhundert der Reformation wieder ausgelöscht wurde. Die Schlacht bei Lützen
wendete das Blatt für die protestantische Union. Am 6. November 1632 fiel Gustav
Adolf in der Schlacht bei Lützen. Das führte schließlich dazu, dass der
Schwedenkönig zum Leitbild eines Kämpfers für die protestantische Sache wurde.
Basteck
: Wie kam es, dass sich vor 175 Jahren
evangelische Christen dieses Mannes erinnerten und die Initiative für ein
Diasporawerk ergriffen?
Dreisbach
: Vor 175 Jahren, 1832 war der 200. Jahrestag der
Schlacht bei Lützen. Das hat den damaligen Leipziger Superintendenten Christian
Gottlob Großmann bewogen, gemeinsam mit anderen Persönlichkeiten Leipzigs eine
Stiftung zu Gunsten “bedrängter evangelischer Brüder in der Diaspora” zu
gründen. Schon zehn Jahre später war die Leipziger Initiative in ganz
Deutschland aktiv und wurde zu einer protestantischen Sammelbewegung, durch die
evangelische Christen in der Zerstreuung verbunden werden sollten. Heute gibt es
in Deutschland 25 so genannte Hauptgruppen für die Arbeit des
Gustav-Adolf-Werkes.
Basteck
: Wo wurde die Hilfe des Gustav-Adolf-Werkes in
der Vergangenheit eingesetzt? Gibt es in unserer Umgebung sichtbare Zeichen
der Hilfe?
Dreisbach
: In jedem Jahr werden 200 Projekte unterstützt, die
in einem Projektkatalog aufgeführt sind. der Umfang der jährlichen Hilfe liegt
bei 3 Mio. Euro. Durch diese Hilfe werden der Bau und die Renovierung von
Kirchen, Gemeindehäusern, Pfarrhäusern sowie die Arbeit in Ausbildungs- und
Tagungsstätten unterstützt. Auch Stipendien für junge Christen in den Ländern
Lateinamerikas werden gezahlt. 42 evangelische Kirchen in 35 Ländern Europas,
Lateinamerikas und Asiens gehören zu den Partnern des
Gustav-Adolf-Werkes.
In den ersten Jahren seit der Gründung – in Kurhessen
und in Waldeck gibt es seit 1845 die Gustav-Adolf-Arbeit – gab es vor allem auch
eine innerdeutsche Diasporahilfe. So kam die Hilfe auch den kleinen
evangelischen Diasporagemeinden in Volkmarsen und in Naumburg zugute. In beiden
Orten sind die Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen Kirchen mit Hilfe des
Gustav-Adolf-Werkes gebaut worden.
Basteck
: Wer sind heute die wichtigsten Partner des
Gustav-Adolf-Werkes? Welche Reaktionen kommen aus den Gemeinden, mit denen
das Gustav-Adolf-Werk Kontakt hält?
Dreisbach
: Ich will mich auf unsere kurhessische Landeskirche
beziehen. Wir pflegen gute und intensive Partnerschaften zu den evangelischen
Christen in Estland und in Kirgisien. Die Partnerschaft zu Kirgisien ist
ausdrücklich von der Landeskirche dem Gustav-Adolf-Werk übertragen worden. Aber
auch Niederösterreich und Brasilien und viele andere Länder gehören zu den
Ländern, in denen Gemeinden von uns unterstützt werden.
Zu den Reaktionen
weise ich gern hin auf unseren Europatag im Jahr 2005. Allen, die dabei waren,
wird die große Dankbarkeit aufgefallen sein, mit denen uns die Partner aus
Kirgisien und Estland begegnet sind. Es ist ja ein Geben und Nehmen. Ich kann
für mich sagen, dass ich aus den vielen Begegnungen, die ich während meiner über
20-jährigen Mitarbeit im Vorstand des Gustav-Adolf-Werkes gehabt habe, immer
dankbar und nachdenklich gegangen bin.
Basteck
: Welches ist Ihr schönstes Erlebnis mit dem
Gustav-Adolf-Werk?
Dreisbach
: Es ist nicht ein Erlebnis. Die Begegnung mit
Menschen aus einem anderen Kulturkreis habe ich immer wieder als sehr
bereichernd empfunden. Zum Abschluss des Europatages in der kleinen
Hugenottenkirche in Leckringhausen mit Partnern aus ganz verschiedenen Ländern
einen Reisesegen zu erleben, war schon sehr eindrücklich. Die Christen in
Kirgisien haben es mir besonders angetan. Der frühere Bischof Schanz, der auch
beim Europatag anwesend war, hat kein theologisches Studium, aber das Vertrauen
seiner Gemeinden gehabt. Er ist ein Mann mit einer tiefen Frömmigkeit; vor ihm
konnte ich nur “meinen Hut ziehen”. Ich habe den Eindruck: Die Christen in
Kirgisien lesen im Matthäusevangelium, dass Christus spricht: “Ich bin hungrig
gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben” – und dann drehen sie sich um und
errichten in Bishkek, der Hauptstadt eine Suppenküche, die wir gern unterstützt
haben.
Basteck
: Was wünschen Sie der zukünftigen Arbeit des
Gustav-Adolf-Werkes?
Dreisbach
: Dass Gott die Arbeit reichlich segnet. Dass Brücken
überwunden werden. Dass Menschen motiviert werden, die Arbeit zu unterstützen.
Das alles geschieht, wenn wir die apostolische Mahnung wirklich beherzigen: wenn
wir Gutes tun und nicht müde werden.