Die Vorsitzende des Kirchenvorstandes, Ursula Muth
Wolfhagens Bürgermeister Reinhard Schaake gehörte auch zu den Gästen
Früher Schüler, Jetzt Kollege: Bernd Geiersbach

Zahlreiche Grußworte gab es für Norbert Ehl. Kirchenvorstandsvorsitzende Ursula Muth
sprach für den Kirchenvorstand, Bürgermeister Reinhard Schaake für die Stadt
Wolfhagen und Kirchenmusikdirektor dankte Ehl ganz persönlich.



Den will ich haben für den
Kirchenchor


Norbert Ehl nach 42 Jahren verabschiedet


Das war ein großes Fest, das die Kirchengemeinde Wolfhagen am dritten
Sonntag im Advent feierte. Eigentlich begann das Fest schon am Vorabend, zum
Wochenausklang. Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium erklang in der
Wolfhager Stadtkirche – das letzte große Geschenk von Norbert Ehl, der nach
42-jähriger Chorleitertätigkeit seinen Dienst beendet. Der Kirchenchor wurde
1895 gegründet. Mehr als ein Drittel der 113 Jahre seines Bestehens leitete
Norbert Ehl die Geschicke.

Beim Weihnachtsoratorium am Vorabend hatte Norbert Ehl noch einmal
alle eingeladen, die früher einmal im Chor mitgesungen haben. Und viele waren
der Einladung gefolgt und bildeten einen stimmgewaltigen Chor. Mit stehenden
Ovationen wurde Norbert Ehl an dem Abend von den vielen Besucherinnen und
Besuchern gefeiert – und er ließ sich auch feiern.

Im Gottesdienst am anderen Morgen stand dann eher der Dank an Gott im
Vordergrund, der Dank dafür, dass Norbert Ehl den Dienst des Kirchenchorleiters
über eine so lange Zeit wahrgenommen hat. Pfarrer Hans Jürgen Basteck
bezeichnete Ehl im Gottesdienst als einen Brückenbauer zwischen Jung und Alt,
zwischen Kirchennahen und Kirchenfernen, zwischen Wolfhagern und Auswärtigen,
zwischen Sangeskundigen und Sangesunkundigen. Er lobte besonders das Miteinander
der Generationen und bezeichnete Norbert Ehl als einen übersetzer, der
Generationen von Schülern die Musik lieb gemacht habe. Unter seiner Leitung sei
die Gemeinde zu einer singenden Gemeinde geworden. Die Kirchenmusik sei ein
Kulturfaktor in der Stadt und eine feste Größe der Gemeindearbeit. Ausdrücklich
dankte Basteck im Namen der Pfarrerinnen und Pfarrer der Gemeinde: „Wo
alles Reden erschöpft ist, da bleibt die Ausstrahlung der Musik!“ –
Landeskirchenmusikdirektor Uwe Maibaum (Marburg) überbrachte den Dank der
Landeskirche, die Ehl vor zwei Jahren mit der Philipp-Nicolai-Medaille geehrt
hatte. Er bezeichnete Ehl als eine Institution in Wolfhagen und wies auf die
vielen großartigen Chorwerke hin, die unter Ehls Leitung in Wolfhagen aufgeführt
worden seien.

Beim anschließenden Empfang im Gemeindezentrum wurde dann von
verschiedenen Seiten das Lebenswerk Norbert Ehls gelobt. Drei ehemalige Pfarrer
(Propst Reinhold Kalden aus Kassel, Dekan Reinhart Weinbrenner aus Kassel und
Pfarrer Wolfgang Schott aus Fritzlar) gehörten zu den Gästen des Tages.

Die Vorsitzende des Kirchenvorstandes, Ursula Muth, hob die Beziehung
zwischen Schule und Kirche hervor. Ehl habe es verstanden, Jugendliche zu
begeistern und mit seiner zupackenden Art die Kirche gefüllt. Er habe Wolfhagen
über die Grenzen bekannt gemacht. Die Kirchengemeinde habe – animiert durch
seine Arbeit – die Stelle eines Kirchenmusikers geschaffen. Aus vielen
Gemeindegottesdiensten, zum Beispiel aus der Christmette um 23 Uhr, sei der
Kirchenchor nicht wegzudenken. – Bürgermeister Reinhard Schaake, der Ehl zwei
Weingläser mit dem Wolfhager Wappen überreichte, meinte, dass die Chorarbeit
Norbert Ehls etwas Besonderes für die Stadt Wolfhagen gewesen sei. Und es komme
schon Wehmut auf, wenn Ehl jetzt nicht mehr den Chor leite. –
Mitarbeitervertreterin Schütz dankte Ehl für seine jahrelange Tätigkeit in der
Mitarbeitervertretung. Er habe nicht nur für die Männerquote gesorgt, sondern
sei auch lange Zeit Vorsitzender des Gremiums des Kirchenkreises gewesen. –
Karl-Wilhelm Heisen sprach für den Kirchenchor. „Den will ich haben für den
Kirchenchor“ habe 1966 der damalige Dekan Otto Wassermann gesagt und Ehl
animiert, die Leitung des Chores zu übernehmen. Eine Quelle für den Nachwuchs
des Chores sei die Schule gewesen. Viele Jahrgänge von Schülern habe Norbert Ehl
die Musik lieb gemacht. Angemessen dankte der Kirchenchor seinem (jetzt)
ehemaligen Chorleiter mit einem Bachchoral („Dies hat er alles uns
getan“) und machte damit deutlich: Gott ist es, der die Menschen fähig
macht zum Dienst in Kirche und Gemeinde.

Kirchenmusikdirektor Bernd Geiersbach, ehemaliger Schüler, erzählte
von vielen kleinen Begebenheiten zwischen dem ehemaligen Schüler und dem
ehemaligen Lehrer. Man spürte: Bernd Geiersbach hat Norbert Ehl viel zu
verdanken – und er gab ihm an dem Mittag im Gemeindezentrum viel von dem zurück,
was er bekommen hatte.

Und dann kam Ehls Tante Frieda Schäufele aus Stuttgart (alias
Rosemarie Neumeyer). Sie hatte es sich nicht nehmen lassen, nach Wolfhagen zu
kommen. Im „Kirchenblättle“ habe sie gelesen, dass Norbert Ehl
aufhört. Und nun machte sie sich so ihre Gedanken, warum. Ob es mit der
Gesundheit zu tun hat? Dann könne man doch einen Fahrstuhl zur Orgelempore
bauen. Aber sie konnte dann auch berichten von vielen Episoden aus der langen
Tätigkeit als Chorleiter. Am Ende war sie versöhnt mit allem und nahm ihren
Neffen liebevoll in die Arme.

Und ganz am Ende war es dann Norbert Ehl, der bewegt war, erstaunlich
wenig Worte machte, die Zeit mit dem Kirchenchor als eine wunderbare Zeit seines
Lebens bezeichnete und als ein großes Erlebnis. Stehende Ovationen für einen
tief gerührten Norbert Ehl bildeten den Abschluss eines großen Festes.

Geschenk für Norbert Ehl

Maike Gränzdörffer und Christoph Knatz überreichen Norbert Ehl das
Geschenk des Chores: Bilder von allen Chormitgliedern in den Noten des
Bachchorals „Dies hat er alles uns getan“.

Der Chor singt: Dies hat er alles uns getan

Brav bedankt sich der Chor bei seinem Chorleiter mit einem
Bach-Choral: „Dies hat er alles uns getan!“

Tante Frieda Schäufele, Ehls Tante, ließ es sich nicht nehmen, der Verabschiedung ihres Neffen beizuwohnen

Tante Frieda Schäufele (alias Rosemarie Neumeyer) aus Stuttgart ließ
es sich nicht nehmen, der Verabschiedung ihres Neffen beizuwohnen. Sie machte
sich so ihre Gedanken darüber, warum ihr Neffe jetzt aufhört. „Freiwillig
macht der das doch nicht!“

Dekan Reinhart Weinbrenner war ebenfalls zu Gast in Wolfhagen

Früher waren sie gemeinsam Schüler am Wilhelmsgymnasium in Kassel und
machten dort gemeinsam Musik. Später trafen sie sich in Wolfhagen wieder: Dekan
Reinhart Weinbrenner (1978 bis 1990 Dekan in Wolfhagen) verabschiedet sich von
Norbert Ehl.

Der Dekan verabschiedet sich von Norbert Ehl.

Dekan Dr. Gernot Gerlach und seine Ehefrau Marie Luise verabschieden
sich von Norbert Ehl und danken ihm für seine jahrzehntelange Tätigkeit.

EIN NACHSATZ

In den 42 Jahren seines Dienstes als Leiter des Kirchenchores hat sich
Norbert Ehl große Verdienste erworben. 1966 übernahm er die Leitung des
Kirchenchores von Rolf Vieser. Der war Jugenddiakon in Wolfhagen und hatte
eine halbe Kirchenmusikerstelle. Während der zehn Jahre, in denen Rolf
Vieser Kirchenmusiker in Wolfhagen war, haben Kirchenchor und Posaunenchor
eine Blütezeit erlebt. Oratorienaufführungen, wie beispielsweise die
Markus-Passion von Reinhard Keiser gehörten zum kirchenmusikalischen
Programm, das Kirchen- und Posaunenchor bereits in diesen Jahren weit über
die Grenzen der Stadt bekannt gemacht hat. Auf die Leistungen dieser Zeit
hat Norbert Ehl aufgebaut. Das schmälert die großen Verdienste Norbert Ehls
in keiner Weise, macht aber deutlich, dass er sich in einer Reihe guter
Musiker befindet.