Die Malergemeinschaft grüßt
Erich Pflüger auf dem Baugerüst
Am vergangenen Mittwoch war Erich Pflüger auf dem Baugerüst in der
Evangelischen Stadtkirche. Und da hat er erst einmal gestaunt. Erich Pflüger hat
nämlich bei der letzten großen Innenrenovierung mitgearbeitet. Und das war im
Jahr 1958. Vom 5. Juni bis zum 1. Dezember 1958 wurde das Kirchenschiff
renoviert.
Gestaunt hat er über das Gerüst in der Kirche. Denn das durchzieht
momentan die ganze Kirche. Vor einem halben Jahrhundert mussten die Maler in
luftiger, schwindelerregender Höhe arbeiten. Man merkt Erich
Pflüger an, dass er stolz darauf ist, diese Arbeit seinerzeit gemacht zu haben.
Und darum hat er sich auch gefreut, dass jetzt ein Zettel wieder aufgetaucht
ist, der 1958 in einem verschlossenen Glasröhrchen mit verputzt wurde.
Vor 53 Jahren hatte Erich Pflüger nicht nur die Namen der damals an
der Renovierung beteiligten Malerfirmen veröffentlicht, sondern auch die acht
Firmenmitarbeiter des Malerbetriebes Johannes Wagner, der früher in der
Burgstraße 10 seinen Geschäftssitz hatte. “Die Malergemeinschaft grüßt!” hatte
der damals 23-Jährige Erich Pflüger auf den Zettel geschrieben. Und was noch aufgetaucht ist, sind an der westlichen Seite des
nördlichen Seitenschiffes die Initialen von Erich Pflüger: E Pf.
Bewegt schilderte Erich Pflüger während einer Baubegehung, die
Kirchenvorsteher Karl Heinz Schubert initiiert hatte, wie man vor einem halben
Jahrhundert noch nicht die heutigen technischen Möglichkeiten hatte. Der Putz
musste mit der Hand abgeschlagen werden. Man arbeitete ohne Mundschutz. Und “wir
haben sechs Wochen lang Dreck gefressen”.
Erich Pflüger hat zusammen mit seinen Kollegen die Farben selbst
hergestellt. Jeden Morgen hat er in der Wolfhager Molkerei Quark besorgt und den
mit Kalk und einigen nur ihm vertrauten Zutaten zu Kaseinfarben vermischt.
Ob das Gerücht stimmt, das nach 50 Jahren noch gelegentlich in der
Stadt kursiert, dass damals täglich die bei den Friseuren der Stadt
abgeschnittenen Frauenhaare eingesammelt und mit der Farbe vermischt wurden,
bleibt offen …
Durch und durch eingerüstet ist momentan die Evangelische
Stadtkirche. An allen Ecken arbeiten Momentan Handwerker, um die Kirche wieder
in frischem Glanz erstahlen zu lassen.
Kirchenvorsteher Karl Heinz Schubert begleitet den 76 Jahre alten
Erich Pflüger beim Gang über das Gerüst.
Hier an der Westseite des Nordportals, an der obersten Ecke, hat
Erich Pflüger vor 53 Jahren seine Initialen eingeritzt. Am Bogen sieht man die
Notwendigkeit der Renovierung.
Stolz präsentiert Erich Pflüger den Zettel, den er vor 53 in einem
Glasröhrchen im Kirchenschiff hinterlassen hat.
Der Zettel enthält die Namen der am Bau beteiligten Malergesellen der
Firma Johannes Wagner. Johannes Wagner war jahrelang Mitglied des
Kirchenvorstandes, wie auch später sein Sohn Hans Wagner, der hier die
Namensliste anführt.
Bei näherem Betrachten sieht man, wie dringend auch dieser
Schlussstein im südlichen Seitenschiff der Stadtkirche eine Restaurierung nötig
hat.
Das nördliche Seitenschiff mit Blick zur Marienkapelle. Der
Renovierungsbedarf liegt auf der Hand.