Gott segne das ehrbare Handwerk


Erstmals Handwerkergottesdienst in der Stadtkirche

Handwerker aus der ganzen Region, dem Kirchenkreis und aus Wolfhagen
haben am heutigen Morgen am 23. Handwerkergottesdienst der Evangelischen
Handwerkerarbeit teilgenommen. Zwar hatten die Veranstalter mit wesentlich mehr
Gottesdienstbesuchern gerechnet – zusätzlich zu den vorhandenen Sitzplätzen
waren in den beiden Seitenschiffen noch Stühle aufgestellt – doch konnten die
etwa 150 Gottesdienstbesucher einen feierlichen und eindrücklichen Gottesdienst
mitfeiern.

Dekan Dr. Gernot Gerlach leitete den Gottesdienst und begrüßte
eingangs Kreishandwerksmeister Bernd Doose und Regierungspräsident Dr. Walter
Lübke. Er erinnerte daran, dass die Kirche, in der der Gottesdienst gefeiert
werde, von Vätern der heutigen Handwerker gebaut worden sei. Aus verschiedenen
Berufen seien Menschen nach Wolfhagen gekommen und wollten nun gemeinsam
überlegen, wie sie mit ihren Gaben Gott dienen könnten.

Auch die Kirchenmusik war an diesem Sonntag gut präsent. Der
Kirchenchor musizierte unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Bernd
Geiersbach, der auch die Orgel spielte.


Wer will fleißige Handwerker sehn?

Handwerksmeister aus der Region waren ebenso an dem Gottesdienst
beteiligt wie auch Dieter Lomb, der Fachreferent Handwerk in der Evangelischen
Kirche von Kurhessen Waldeck. Nicht nur die alten Choräle des evangelischen
Gesangbuchs wurden gesungen, sondern auch das aus dem 19. Jahrhundert stammende
Kinderlied „Wer will fleißige Handwerker sehn?“.

Das griff Dekan Dr. Gernot Gerlach auf und führte mit Maurermeister
Herbert Tripp (Oelshausen) und Zimmermeister Johannes Schwarz (Oelshausen) ein
interessantes Gespräch. Herbert Tripp machte deutlich, dass ihm der Beruf von
Großvater und Vater in die Wiege gelegt worden sei. Auch heute noch sei der
Betrieb ein Familienbetrieb, in dem die Frau und die Schwiegertochter
mitarbeiteten. Wichtig sei bei der Ausübung seines Berufs das persönliche
Gespräch. Im Blick auf das Kirchengebäude brachte der Maurermeister sein
Erstaunen darüber zum Ausdruck, mit wie viel Freude die Vorfahren bei der Arbeit
gewesen seien. Kaum technische Hilfsmittel hätten ihnen zur Verfügung gestanden.
Mit Lot und Winkel habe man die Kirche gebaut. Er selbst sei stolz darüber
gewesen, dass er bei der Renovierung im vergangenen Jahr habe mitwirken können.
Im Blick auf das Bibelwort, das dem Gottesdienst zugrundelag („Dienet
einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat.“) bezeichnete er es
als seine Aufgabe, sein vor vielen Jahren erworbenes Wissen und seine Erfahrung
weiterzugeben an die nächste Generation und so die Weitergabe zu sichern.


Mitarbeiter motivieren

Zimmermeister Johannes Schwarz, der auch Vizepräsident der
Kreishandwerkerschaft ist und der einen klassischen Holzbaubetrieb leitet,
erwähnte, dass sich sein Betrieb im Laufe der vielen Jahre weiterentwickelt
habe. Man müsse immer neu lernen. Als eine Hauptaufgabe bezeichnete er es, dafür
Sorge zu tragen, dass der Kunde zufrieden ist. Dazu gehöre es auch, die
Mitarbeiter zu motivieren. Innerhalb seines Fachbetriebes sei es deshalb eine
wesentliche Aufgabe, Mitarbeiter zu stärken. In seinem Betrieb setzt er sich
sehr dafür ein, dass Schüler einen Betriebspraktikum wahrnehmen können. Dadurch
könne man sicherstellen, dass jeder nach seinen Fähigkeiten beschäftigt werden
kann. Damit schlug auch eher eine Brücke zum Bibelwort.


Hören auf Gottes Wort

Dekan Dr. Gernot Gerlach griff das Wort aus dem ersten Petrusbrief
dann auch In seiner Predigt auf und stellte sie unter das Motto “
Miteinander ist mehr drin“. Er erinnerte daran, dass in vielen Betrieben
die Frage gestellt werden: Wie geht es weiter? Manche seien maßlos verärgert und
wollten sich zurückziehen. Manche seien grimmig und wollten es anderen
heimzahlen. Für Mitarbeiter Gottes gelte: Dienet einander, ein jeder mit der
Gabe, die er empfangen hat. Deshalb gelte es, die Gaben Gottes zu entdecken. Es
sei eine Schlüsselqualifikation beruflicher Tätigkeit, zu fragen: Wie kann ich
mit meinen Gaben Gott dienen? Es gelte Kompetenzen zu entdecken und
Erfahrungswissen zusammenzutragen.

Im Hören auf Gottes Wort würden Handwerk und Kirche den richtigen Weg
gehen. Gott mute uns die Aufgabe zu, Jugendlichen zur Seite zu stehen und
Jugendliche zu achten. Er dankte den Handwerksbetrieben, den Jugendlichen durch
ein Praktikum Räume zu öffnen. Dekan Dr. Gerlach erinnerte auch daran, dass in
den Kirchen der Region bei den Renovierungsmaßnahmen Handwerker aus der Region
beteiligt seien, auch in der evangelischen Kirche in Wolfhagen.


Asylbewerber kommen nicht aus Lust und Freude

Dann schlug er in seiner Predigt einen Bündnis zwischen Handwerk und
Kirche und bezeichnete es als eine wichtige gemeinsame Aufgabe, sich einzusetzen
gegen Gewalt gegenüber Menschen, die anders aussehen als wir. Im Geiste Jesu
gelte es, Konflikte zu lösen. Man müsse in den Betrieben die Sprechmöglichkeiten
einsetzen, um mit menschenverachtenden äußerungen umzugehen. Mancher
Arbeitsplatz werde gestrichen, weil sich die Arbeitswelt ändere. Neue
Arbeitsplätze würden entstehen. Er berichtete von einem Meister, der die
Tatsache aufgenommen habe, dass ein Facharbeiter eine neue Stelle sucht, aber
nicht findet. Er bat die anwesenden Handwerksmeister, gegenseitig Informationen
weiterzugeben. In einer sich wandelnden Gesellschaft kämen auch in die Region
Wolfhagen neue Asylbewerber. Sie kämen nicht aus Lust und Freude, sondern wegen
kriegerischer Auseinandersetzungen in Afghanistan und im Syrien. Er stellte in
dem Zusammenhang die Frage: Was wäre unsere Region ohne die Flüchtlinge aus
Frankreich, die Hugenotten? Was wäre unsere Region ohne die Heimatvertriebenen
des 20. Jahrhunderts? Weil Gott uns diene, hätten wir die Aufgabe, einander zu
dienen. „Gott segne das ehrbare Handwerk“ sagte der Wolfhager Dekan am
Ende seiner eindrücklichen Predigt.

Nach dem Gottesdienst hatten die Besucher Gelegenheit, sich von
Kirchenvorsteher Karl-Heinz Schubert über die historischen Funde informieren zu
lassen und einen Imbiss einzunehmen.