Ohne Perspektive: Familienvater Sebastian Amdi muss mit seinen
Kindern Rafael und Vera zurück nach Mazedonien.


In Deutschland eine Existenz?


Die Hoffnung schwindet

Rafael macht seine Mitschüler nachdenklich. Einmal war da die Sache
mit dem Brot. Zwei haben mit ihrem Pausenbrot Fußball auf dem Schulhof gespielt.
Der Junge aus dem Asylbewerberheim reagiert sauer und nimmt es ihnen weg.

Bei Streit geht der Zwölfjährige dazwischen und als jemand eine
Plastikpistole aus dem Ranzen zieht, schreit er auf. Rafael ist in der Klasse
beliebt. Manchmal fahren seine Mitschüler mit dem Fahrrad in die Pommernanlage
und spielen mit ihm Fußball. In den vergangenen Tagen ist er still geworden. Er,
sein Vater und seine Schwester müssen zurück nach Mazedonien. Der Asylantrag des
alleinerziehenden Vaters wurde abgelehnt.


In Mazedonien ein Hungerlohn

Rafaels Vater Sebastian Amdi ist völlig verzweifelt. Seine Hoffnung,
sich in Deutschland eine Existenz aufzubauen, ist geplatzt wie eine Seifenblase.
In eine kleine Wohnung in Wolfhagen wollte er ziehen, weil er die Menschen hier
mag. Nicht in die Großstadt, wo er sich verloren fühlt. Jede Arbeit würde er
annehmen, “auch Steine schleppen”. Hauptsache nicht auf Kosten anderer leben.
Die schwersten Arbeiten hätte er auch in Mazedonien angenommen, nur um irgendwie
seine Kinder durchzubringen, Doch dort müsse man Glück haben, um überhaupt Geld
für seine Arbeit zu erhalten und wenn, sei es ein Hungerlohn. Dort gebe es keine
Gesetze wie hier. Es regiere Gewalt und Korruption. “Da wird auf offener Straße
geschossen.”


übersetzer und Koch

Der 33-Jährige lebte mit Rafael und Vera in einem kleinen Haus mit
zwei winzigen Zimmern. Strom wäre nicht bezahlbar gewesen. Das Haus ist
angezündet worden und komplett niedergebrannt. Niemand schere sich darum. Der
Mazedonier schlug sich mit Unterstützung seines Vaters, der in Wuppertal lebt,
nach Deutschland durch. Hier lebt Amdi, der perfekt Deutsch spricht, seit acht
Monaten in der Pommernanlage, hilft als übersetzer aus, und bekocht die anderen,
das hat er gelernt.


Beten für eine winzige Chance

Das wichtigste sei doch, ein guter Mensch zu sein. Sie seien in
Mazedonien zwar bitterarm gewesen, aber für Werte, die er seinen Kindern
vermittelt habe, müsse man nicht zahlen. Hier ohne Angst zu leben und die
Hoffnung auf eine Zukunft habe ihn wieder lachen gelehrt. Endlich habe er die
Welt in Farbe sehen können. Sogar zum Arzt konnten sie gehen. “Wer in Mazedonien
schwer krank wird muss sterben.” Ans Sterben denkt der Mazedonier auch jetzt.
“Ich komme in Mazedonien mit nichts als unseren Kleidern am Leib an.” Er habe
kein Dach über dem Kopf, nichts zu Essen und habe schon gar kein Geld für Holz,
das er für den bevorstehenden harten Winter so dringend braucht. “Ich kann mir
nirgends Geld leihen, weil ich es doch nicht zurückzahlen kann.” Er betet, das
es noch eine winzige Chance für ihn und seine Kinder gibt, nicht zurück zu
müssen. Seit der Nachricht von der Ausländerbehörde ist seine Welt wieder dunkel
geworden. Und Rafael wird von Tag zu Tag stiller.