”Ihr werdet traurig sein,
doch eure Traurigkeit
soll in Freude verkehrt werden.“
Joh 16, 20b
Sehr oft habe ich erlebt, dass jemand, wenn er auf seine Eltern zu
sprechen kommt, sagt: ”Das hat mein Vater oder meine Mutter mir auf den Weg
mitgegeben.“ Zum Beispiel den Rat, nach einem Streit mit hochgradig emotionaler
Erregung eine Nacht zu schlafen und erst dann zu reagieren, um nicht unüberlegt
zu antworten, was die ganze Angelegenheit noch verschlimmern würde.
Als ich an der Kirchlichen Hochschule in Naumburg studierte
(1969 bis 1975), hat der damalige Dozent für Praktische Theologie, Johannes
Hamel, uns immer wieder eingeschärft: ”Wenn jemand Sie über ein Gemeindemitglied
befragt, gibt es nur eine Antwort: Beichtgeheimnis.“ Mit diesem ”jemand“ war der
Staatssicherheitsdienst gemeint. Ein sehr guter Rat ist der Grundsatz des Hl.
Benedikt: ”Dem Lob Gottes soll nichts vorgezogen werden.“
Der Monatsspruch für April ist zwar kein guter Rat, den Jesus
seinen Jüngern erteilt. Er bereitet sie jedoch mit diesem Satz auf sein Leiden,
aber auch auf die Zeit nach Ostern vor: ”Ihr werdet traurig sein, doch eure
Traurigkeit soll in Freude verkehrt werden.“
Es gab am Beginn der
Christenheit das Missverständnis, dass nach der Auferstehung das baldige Ende
dieser Welt kommen und dann das himmlische Reich für alle Menschen sichtbar
anbrechen würde. Für eine so kurze Zeit bis zur Vollendung wären viele Hinweise
auf rechtes Verhalten oder auf den rechten Glauben nicht nötig. Es käme nur
lediglich darauf an, diese kurze Zeitspanne im Glauben auszuhalten, so wie man
am 1. Dezember sich sagt: Nun dauert es nicht mehr lange bis zum Heiligen
Abend.
Als das Johannesevangelium entstand, war aber schon klar, dass
die Vollendung der Welt durch Jesus Christus nicht so schnell geschehen würde.
Das bedeutete u.a. auch, dass es für die christlichen Gemeinden bis zur
Vollendung eine ”durchwachsene“ Zeit mit Nöten und Leiden geben wird. Nöte und
Leiden stellen aber immer eine große Anfechtung dar. Denn sie werfen die Frage
auf, was sich nun durch Ostern geändert hat. Erich Kästner beantwortet in seinem
Gedicht ”Dem Revolutionär Jesus zum
Geburtstag“ diese Frage am Schluss
so:
”Die Menschen wurden nicht gescheit.
Am wenigsten die
Christenheit,
trotz allem Hände falten.
Du hattest sie vergeblich
lieb.
Du starbst umsonst.
Und alles blieb beim alten.“
Ja, hat sich etwas grundlegend geändert oder ist alles beim
alten geblieben? Jesus sagt zunächst: ”Ihr werdet traurig sein.“ Er redet nicht
herum, sondern spricht aus, was Christen wie Nichtchristen in dieser Welt
erleben: nicht nur schöne, sondern auch schwere Stunden. Letztere können
Krankheiten, Schicksalsschläge, wirtschaftlicher Abstieg, erlebte Ausgrenzung
oder große Enttäuschungen wie das Zerbrechen von Beziehungen
sein. Solche
Vorkommnisse können unsere Seele verunstalten, so dass wir bitter, verzweifelt
oder zynisch werden oder sogar das Leben verachten.
Das geschieht dann, wenn wir nicht auf Jesus schauen. Wenn wir
aber Jesus vor Augen haben, finden wir Trost durch seinen Weg. Ihm blieb das
Leiden nicht erspart. Zudem wurde er von seinen Jüngern schmerzlich enttäuscht,
weil sie ihn in seiner größten Not allein gelassen haben und feige geflohen
sind. Am Ende aber stand für Jesus nicht die totale Dunkelheit, sondern die
Auferweckung vom Tod. So können wir am Schicksal Jesu ablesen, dass es einen Weg
durch das Leiden in die Herrlichkeit Gottes gibt. Deshalb sagt Jesus zurecht:
”Ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit soll in Freude verkehrt
werden.“
Das Neue, das durch Jesus in diese Welt gekommen ist, ist genau
diese Hoffnung. Diese Hoffnung gibt uns Kraft und Mut, wo es uns möglich ist,
Dinge zum Guten zu verändern. Und diese Hoffnung wird immer wieder neu gestärkt
in der Eucharistie, in der Gedächtnisfeier unserer Erlösung. Diese Feier will
uns vergewissern, dass am Ende die Freude steht. Darum haben wir zum Beispiel in
die Liturgie die gemeinsame Akklamation nach den Einsetzungsworten aufgenommen:
”Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis zu
kommst in Herrlichkeit.“(EG 189).
Wir werden sicher zuweilen erleben, dass Nöte und Leiden uns
sehr zusetzen und unseren persönlichen Glauben in Frage stellen können. Wenn wir
aber trotz allem Jesus lieben, werden wir gestärkt und verstehen, was er meint,
wenn er sagt: „Ihr werdet traurig sein, doch eure Traurigkeit soll in
Freude verkehrt werden.“
Gebet
Herr und Gott,
schenk uns den Reichtum
deiner Gnade
und lenke unsere Schritte auf dem Weg deiner Gebote,
damit
wir schon in diesem Leben
Trost und Frieden finden
und einst die ewige
Freude erlangen.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
(Stundenbuch 3.Teil, S.670)
Pfarrer Traugott Lucke (*1949) ist seit 2001 Pfarrer der
Pfarrstelle Heldrungen in der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands.
Heldrungen ist seit 1964 Partnergemeinde der Evangelischen Kirchengemeinde
Wolfhagen – seit 50 Jahren.