Jesus Christus spricht: Daran werden aller erkennen, dass ihr
meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt. Johannes 13,35



Dekan Dr. Gernot Gerlach Dekan Dr. Gernot
Gerlach schreibt zum Monatsspruch:

In der Nachfolge Jesu Christi sind wir unterwegs. Jesus Christus bewegt
sich zusammen mit seinen Jüngern. Dabei nimmt er teil an den Lasten und
Leiden der Menschen. Auf dem Weg zum Kreuz nimmt er uns mit in seiner
Passion.

Im Johannesevangelium wird zu Beginn dieses Leidensweges Jesu
hervorgehoben, dass ihm bei allem, was geschieht oder kommen wird, eins
wichtig ist, nämlich die Liebe. Selbst von der Liebe Gottes getragen,
erfüllt und angetrieben zu den Menschen in Gottes Schöpfung sagt Jesus:
Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt,
wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander lieb
habt.

Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr
Liebe untereinander habt.
” (Joh. 13, 34-35) Mit
diesem Gebot fasst er das Liebesgebot zusammen und erklärt es zum
Erkennungszeichen und Qualitätsgütesiegel der Jüngerschaft. Worum geht es?
Es geht allein um das Leben im Vertrauen auf die Liebe und Gnade Gottes.
Oder anders ausgedrückt: “Du sollst den Herrn deinen Gott, lieben von ganzem
Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüt und deinen
Nächsten wie dich selbst.” So antwortet Jesus einem Interessierten, der nach
dem Wichtigsten fragt. Jesus erläutert das zusammenfassende Gebot in der
Tradition der jüdischen Gemeinde mit dem Gleichnis vom barmherzigen
Samariter, der an dem Notleidenden nicht vorbeigeht, sondern hinschaut, der
mitfühlt, der sich berühren lässt, der frei ist, die Erste Hilfe zu leisten
und für eine weitere Begleitung auf dem Heilungsweg sorgt (vgl. Luk 10,
25-37).

Mit dieser Geschichte vor Augen werden Erfahrungen bewusst, dass es in
manchen Situationen gelingt, sich von dem Liebesgebot Jesu Christi leiten zu
lassen. Allerdings bleibt die andere Erfahrung nicht verborgen, dass es beim
Zusammenarbeiten zu Missverständnissen, zu Konflikten und Streitereien
kommt. Wie werden Kontroversen ausgehandelt? Wie finden Gruppen und
Kirchenvorstände Ansatzpunkte für neue Wege? Wie wird mit Fehlern und Schuld
umgegangen? Gibt es einen Weg zum Leben? In diesem Zusammenhang bekommt Jesu
Wort die lebensrelevante Bedeutung.

Jesus Christus teilt diesen Fragen, nimmt teil am Leiden in der Welt, an
der Schuld und Sünde. Er geht seinen Weg der Liebe Gottes im Leiden mit
großer Sympathie. An der tiefsten Stelle der Leiderfahrungen, im Tod am
Kreuz geschieht das Unfassbare: Der Gekreuzigte wird von der Liebe Gottes
auferweckt. Die Liebe ist größer und mächtiger als alle Gewalten des Todes
und der Sünde. Vor diesem Hintergrund und allein in dieser heilsamen Wendung
legt Jesus das Liebesgebot seinen Jüngern und damit seiner Kirche ans Herz.
Er führt zur lebendigen Quelle des Geliebtwerdens. Diese Quelle sprudelt am
Wegesrande. Täglich neu mögen sich die Schwestern und Brüder Jesu Christi
daraus stärken. Indem sie sich der Liebe Gottes zuwenden, wird die Liebe zu
einer heilsamen Kraft.

Wenn das Herz wund und verletzt ist, findet es dort Linderung
und Heilung. In der Liebe Gottes zu leben, eröffnet neue Wege, einander zu
schützen, aufzunehmen und zu verzeihen, Verzeihung anzunehmen und aufs Neue,
das Leben im Vertrauen auf die Barmherzigkeit Gottes miteinander zu teilen.

Die Liebe eröffnet verschiedene Dimensionen, so auch die der Zartheit. Wie
Jesus sich einfühlsam seinen Jüngern zuwendet, so öffnet er Augen und Herzen
für einander. Liebe zeigt: Ich bleibe bei dir, ich zeige dir meinen Dank,
meine Freude, auch wenn der Mund nichts ausspricht. Die Liebe hat den Mut,
den Anderen zu bitten und die Hilfe des Anderen anzunehmen. Zur Liebe gehört
auch, den Anderen in Freiheit gehen zu lassen, ohne ihn zu verlassen. Dabei
öffnet sich der Blick zu Anderen in der Welt. Die Welt, die ganze Schöpfung
wünscht sich lebende Behutsamkeit, Nachhaltigkeit und Umsicht in der Liebe.

Wer aus der Quelle der Liebe Jesu Christi lebt, entdeckt auf seinem Weg
das, das die Väter und Mütter des Glaubens Demut nennen. Demut lässt
innehalten und bewusst das Geschenk der Liebe empfangen. Demut entfaltet die
Freiheit, dem Anderen, dem Fremden, der Schöpfung Gottes mit Respekt zu
begegnen.

Viele fragen sich, wie wir in der Liebe nachhaltig und verantwortlich in
dieser Welt leben, wie wir umkehren müssen von bisherigen lieblosen
Lebensweisen.

Werden wir Wege in diesem Geist des Liebesgebotes Jesu Christi finden und
beherzt gehen? Im Glauben erschließt sich dieses Gebot. Dieses Gebot wird zu
einem hilfreichen Geländer auf dem Weg der Nachfolge. Es engt nicht ein, es
führt weiter und führt in die Freiheit. Zur Entfaltung des Lebensgebotes
kommt es, weil ein Innehalten, Beten, Diskutieren und Warten auf Gottes Zeit
dazu den Lebensraum öffnet.


‘In deiner Liebe lasse ich mich dir, Heiliger Geist.


Ich lasse dir meine Gedanken.


Ich glaube nicht, dass ich mich selbst verstehe und mit meinen Gedanken
irgendetwas erreiche. Denke du deine Gedanken in mir, Gedanken deiner
Liebe.


Ich lasse dir, Jesus, meine Angst vor der übermacht Anderer.


Du warst wehrlos zwischen den Mächtigen.


Die Mächtigen sind untergegangen. Du lebst.


Leite uns in deiner Liebe.‘