Marek Prus

Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich

bei meiner rechten Hand,

du leitest mich

nach deinem Rat

und nimmst mich am Ende

mit Ehren an.

Psalm 73, 23-24
In den Tagen, in denen ich diese Betrachtung schreibe (Anm. der Red: im Spätsommer 2013), liegt ein längerer
Klinikaufenthalt hinter mir. Vom einen auf den anderen Moment hat eine Krankheit
mir einen Strich durch manche Planung gemacht. Ich war nicht darauf vorbereitet.
In solchen Situationen kommt man in besonderer Weise ins Nachdenken. Und beim
Nachdenken zu der Erkenntnis: Gott hält mich bei meiner rechten Hand. Meine
Erfahrung ist das jedenfalls. Und ich wünsche Ihnen, dass es Ihre auch sein
kann.

Zweifel verstärken sich

Mit dem 73. Psalm beginnt das dritte Buch der Psalmen. Der Psalm ist
kein Klagepsalm und kein Lobpreis, wie so viele der 150 Psalmen. Der Psalm
handelt von einem Problem. Das bewegt den Beter. Zu der Zeit, als der Psalm
abgefasst wurde, galt nach allgemeinem Verständnis Wohlergehen als Beweis für
ein gottgefällige Verhalten, während Leiden als Strafe für Schuld angesehen
wurde. Wenn jemand das tat, was Gott von ihm erwartete und trotzdem ins Unglück
geriet, kam er ins Zweifeln. Fragen kamen in ihm hoch. Und diese Zweifel
verstärkten sich noch, wenn man sah, dass es den Bösen gut
ging.

So nicht

Warum geht es mir schlecht und anderen gut? Warum lässt Gott so etwas
zu? Wir machen doch allesamt die Erfahrung, dass es Leid auch in der
christlichen Gemeinde gibt. »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich
verlassen«, so hat Jesus am Kreuz zu Gott gerufen, ihn gewissermaßen angeklagt.
übrigens auch mit einem Wort aus den Psalmen, aus seinem Gebetbuch. In der
tiefsten Not fühlt Jesus sich von Gott verlassen, von seinem Gott, den er Vater
nennen konnte. Genauso hat schon der Psalmbeter mit Gott gehadert: Einige lassen
es sich gut gehen und halten sich an keine Gebote. Und das bekommt ihnen sogar
offenbar gut. Unser Gefühl ist: Das ist doch ungerecht. So kann das doch nicht
gehen.

In Gottes Hand

Als im Februar 2010 die damalige evangelische Landesbischöfin von
Hannover, Dr. Margot Käßmann, wegen einer Autofahrt mit Alkohol von ihrem Amt
zurücktreten musste, hat sie im Fernsehen einen Satz zitiert, den ich mir
gemerkt habe. Ich kann sagen: er ist auch für mich wie ein Leitsatz im Leben:
»Du kannst nicht tiefer fallen als in Gottes Hand.« Wir können als Christen tief
fallen. Das ist nicht nur bei Menschen im politischen Leben so. Wir kennen die
persönlichen Situationen doch alle: eine Krankheit, die Arbeitslosigkeit, eine
zerrüttete Beziehung, die nicht bestandene Prüfung, der Verlust eines lieben
Menschen. Jeder von Ihnen, liebe Leserinnen und liebe Leser, wird an dieser
Stelle sein eigenes Päckchen, dass er zu tragen hat, einfügen
können.

Wie gehen wir damit um? Der Psalmbeter hat eine überraschende
Antwort, nachdem er all das, was ihn belastet, aufgezählt hat. Er sagt Gott zu,
dass er trotzdem immer bei ihm bleiben wird. »Du führst mich nach deinem Plan.
Und wenn mein Leben zu Ende geht, nimmst du mich in Würde bei dir auf«,
übersetzt die BasisBibel in ihrer zeitgemäßen Sprache.

Gottes Liebe hat Namen

Der Apostel Paulus hat im Römerbrief einmal deutlich gemacht, dass
uns die Liebe Gottes in allem umfängt. Von der kann uns nichts scheiden. Die
Liebe ist in Jesus von Nazareth auf die Erde gekommen. Er geht an unserer Seite.
Er lässt uns nicht fallen. Er hebt uns wieder auf, wenn wir ganz unten sind.
Seine Liebe hat Namen. Es sind die Namen von Menschen, die in schweren
Situationen zu uns stehen. Es sind die Namen von Menschen, die uns ein
tröstendes Wort sagen, die uns in die Arme nehmen und uns zeigen: Du bist nicht
allein. Ich denke, das werden viele von Ihnen bestätigen können.

Ich
weiß: manchmal ist es schwer, »Dennoch« zu sagen. Dass wir es als
Christenmenschen aber trotzdem können, hat mit unseren Glauben zu tun. Unser
Glaube macht uns frei, zu hoffen, dass Gott einen Plan mit unserem Leben hat und
dass er uns – um es mit einem Wort aus dem bekannten 23 Psalm zu sagen –
manchmal auch durch ein dunkles Tal führt. Aber gerade auch da ist er bei uns.
Das ist seine Liebe. Und die führt zum Ziel. Am Ende nimmt er uns »mit Ehren
an«. Das will ich hoffen und glauben.