Ursula Muth

Nicht lästig


sondern packend


Ursula Muth über


Kirchenvorstand und


Flüchtlingsarbeit

Wir setzen unsere Serie fort mit URSULA MUTH. Sie ist seit 2007
Vorsitzende des Kirchenvorstandes, aber schon seit 39 Jahren in der
Kirchengemeinde aktiv. Angefangen hat alles mit der Leitung des
Posaunenchores im Jahr 1976.


Wenn man Ihr großes Engagement
in der Gemeinde sieht, kann es einem fast schwindelig werden. Haben Sie noch
Zeit für Privates?


Wenn ich das Leben in einer
Gemeinde als Konkretion des christlichen Glaubens sehe, fällt es mir
schwer, Privates davon zu trennen. Aber seit meiner Pensionierung finde
ich mehr und mehr Zeit für die Schätze, die wir zu Hause haben wie Musik
und Literatur. Auch genießen wir, außerhalb der Ferienzeiten verreisen
zu können.


Ist die übernahme des
KV-Vorsitzes für Sie eher eine lästige Pflicht oder haben Sie auch in
dieser Arbeit Raum zum Gestalten?


Ich bin weiterhin davon
überzeugt, dass Kirche eine wichtige Rolle in unserer Gesellschaft zu
spielen hat. Es ist wichtig, in dieser lärmenden und verführenden Welt
einen Ort und vor allem Menschen zu finden, die uns beheimaten. Leider
gelingt es den Kirchen – und hier unserer Gemeinde – nicht, dies
attraktiv zu vermitteln. Vor allem haben wir den Draht zu Jugendlichen
und jungen Erwachsenen verloren. Es reizt mich immer wieder neu, Wege zu
suchen, der Gemeindearbeit eine größere Attraktivität zu geben. Das ist
nicht lästig sondern packend.

Ursula Muth bei der Vorstellung von  Pfarrerin Katharina Ufholz

Ursula Muth (rechts) mit Pfarrer Hans Jürgen Basteck, Pfarrerin
Katharina Ufholz, Dekan Dr. Gernot Gerlach und Pfarrerin Birgit Basteck beim
Vorstellungsgottesdienst von Pfarrerin Ufholz am Reformationstag 2012.


Natürlich haben Sie heute
keine Zeit mehr für kirchenmusikalische Aktivitäten; fehlt Ihnen da
etwas?


Das Hören von Musik
empfinde ich durchaus auch als kirchenmusikalische Aktivität. Dass ich
nicht mehr selbst musiziere, ist kein Zeitproblem sondern ein
physisches. Nach einem Musiklehrerleben bin ich – wie viele andere
Kolleginnen und Kollegen auch – schlichtweg “geräusch- und
stimmgeschädigt”.


Mit der Betreuung von
Flüchtlingen haben Sie eine große diakonische Aufgabe übernommen. Mein
Eindruck ist: In dieser Arbeit „gehen Sie auf“. Warum ist das
so?


Ja, warum lässt uns das
Flüchtlingsproblem nicht los? Da sind einmal die Fluchtgeschichten
unserer eigenen Familie, dann die vielen der biblischen Erzählungen.
Richtig packt es uns bei persönlichen Begegnungen. Dass wir von
fehlenden Lebenschancen hören, während wir selber im Luxus leben, ist
doch kaum auszuhalten. Da empfinde ich tatsächlich Erleichterung, nicht
mehr in einem großen Haus mit wenig genutzten Zimmern zu leben sondern
in einer übersichtlichen Wohnung. Und wenn im Sprachkurs Freude bei den
Flüchtlingen aufkommt, weil das Deutsche plötzlich nicht mehr
Kauderwelsch ist, sondern verstehbar wird, bin ich glücklich.


Frau Muth, wir danken Ihnen
für das Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin eine schöne
Sommerzeit.

Das Gespräch mit Ursula Muth
führte für die Redaktion der Homepage Günther Dreisbach. Weitere Interviews
sind geplant. Wenn auch Sie bei unserer
„Sommerlochserie“ mitmachen möchten, melden Sie sich bitte bei
Günther Dreisbach: dreiswolf@gmx.de.