Vorzeigen kann die Gemeinde, wie selbstverständlich und normal heute eine deutsche Familie, eine iranische Familie und die Gemeinde einen Taufgottesdienst miteinander gefeiert haben. Familie A. kommt aus dem Iran, ist inzwischen heimisch in unserer Kirchengemeinde und besucht regelmäßig die Gottesdienste, nachdem sie im Frühjahr 2016 zum Christentum konvertiert ist. Heute sollte die 6 Wochen alte Tochter Lena getauft werden. Natürlich sprechen alle Familienmitglieder inzwischen gut Deutsch, ja die Familie hat für Lena sogar eine deutsche Patin gesucht und gefunden. Beide Familien haben sich ganz gleichmäßig am Gottesdienst beteiligt.
Ein Gottesdienst mit vielen Beteiligten
Pfarrerin Wittich-Jung zog mit Eltern, Kindern und Paten zum Orgelspiel von Christoph Knatz ein, die zahlreichen Gottesdienstbesucherinnen und -besucher erhoben sich.
Die Eingangsliturgie endete mit der Schriftlesung und dem Glaubensbekenntnis. Die Schriftlesung übernahmen der Taufvater auf Deutsch und die Taufmutter auf Farsi. Die zusätzliche Farsilesung war ein Willkommenszeichen für zwei iranische Familien, die seit kurzem einen Taufkurs besuchen und der deutschen Sprache noch nicht mächtig sind. So nehmen sie wenigsten die Lesung als Gottes Wort mit in diesen Sonntag.
Zur Taufe kamen viele Kinder aus der Gemeinde nach vorn und füllten gemeinsam das Taufwasser in das Taufbecken. Sie wurde direkte Zeugen der Taufen. Die Familien entzündeten jeweils wunderbar gestaltete Taufkerzen an der Osterkerze und erhielten als Familie einen Segen.
„Die Taufkerze ist ein Zeichen für das Licht Gottes, das für uns leuchtet. Sie ist auch Zeichen, dass J. wie ein Licht in unserer Gemeinde und der weltweiten Kirche leuchtet und Teil von ihr ist. Zündet sie an, wenn ihr euch besonders freut, oder wenn ihr etwas Schweres zu tragen habt und Alles dunkel erscheint. Spürt dann, dass Gott euch nahe ist!“
In ihrer Predigt nahm Pfarrerin Wittich-Jung Bezug zu den Taufsprüchen, indem sie an die Geschichte von der Sintflut erinnerte: Gott hat es sich anders überlegt! Er will hinfort die Menschen nicht mehr strafen! Er kennt die Abgründe in dir und mir. Das Dunkle in mir gehört dazu. Er gibt uns nicht auf. Davon erzählen die Taufsprüche: „Behüte mich wie ein Augapfel im Auge, beschirme mich unter dem Schatten deiner Flügel.“ Die Kraft, die uns am Leben erhält, spüren wir in der Taufe. Sie ist unsere Energiequelle, ja sie ist unser Seelenschutz.
Flüchtlingstaufen nur aus Asylgründen?
„Die Flüchtlinge lassen sich ja nur taufen, weil sie hierbleiben wollen!“ Immer wieder ist der Vorwurf zu hören, dass schlicht Asylgründe zu der Bereitschaft führen, sich taufen zu lassen. Die Kirchengemeinden gehen sehr sorgfältig mit Taufanfragen um: Ein Taufanwärter soll zunächst das Gemeindeleben kennenlernen – angestrebt ist immer ein Kirchenjahr mit all seinen Festen. Außerdem besucht er einen Taufkurs, in dem die wesentlichen Elemente des christlichen Glaubens vermittelt werden – vergleichbar mit dem Konfirmandenunterricht. Die Erfahrung zeigt, dass auf diese Weise eine Bindung zur Gemeinde wächst, die tragfähig für beide Seiten ist.
Patenschaft für Flüchtlingskinder?
Für unsere Kirchengemeinde bedeutet es eine besondere Herausforderung, Flüchtlingsfamilien bei der Patensuche zu unterstützen. Ein Patenamt ist immer mit einer großen Verantwortung verbunden, aber ein Pate, eine Patin für ein Flüchtlingskind muss sich mit seiner Kultur auseinandersetzen und zusätzlich eine Brückenfunktion übernehmen. Da muss erst mit viel Geduld und Achtsamkeit ein gegenseitiges Vertrauen aufgebaut werden. Davor haben alle Gemeindeglieder großen Respekt. Gleichzeitig kann es jedoch auch eine große Bereicherung sein, über den eigenen Horizont hinauszublicken und Neues kennen zu lernen.