Kurz vor der Reise in den Körper: Der örtliche Kirchenchor

Karl-Heinz Mustermann (Mitte) hat ordentlich zu tun, den Kirchenchor
auf den richtigen Weg zu bringen.

Einer der vielen Höhepunkte des Abends: Das Hohelied der Liebe –
meisterhaft vorgetragen.



Wer als Ochs geboren wird,
stirbt nicht als
Nachtigall


Wolfhager Musical beeindruckend gestartet


Es kam alles an auf das Prospektmaterial C dreizehn neunzehn. Und
damit hatte Karl-Heinz Mustermann, Leiter eines renommierten Reisebüros so seine
Probleme. Das Personal wollte nicht so, wie er wollte. Aber am Ende setzte er seinen
ehrgeizigen Plan durch und verkaufte dem örtlichen Kirchenchor eine Körperreise, so
wie sie im Prospekt dreizehn neunzehn ausgedruckt war. Und dann machte sich der
Kirchenchor auf die Reise in den Körper, in den falschen natürlich. Und damit gab es
Probleme über Probleme.

Wieviel Stunden Probenarbeit?

Wovon erzähle ich? Vom Wolfhager Musical, jener erstaunlichen
kirchenmusikalischen Maßnahme, die über 250 Mitwirkende über eine lange Zeit bindet,
Gemeinschaft stiftet und durch ein Erlebnis besonderer Art Spuren hinterlässt. Das
ist schön, dass viele mitmachen. Und die Teilnehmerliste, die im Programmheft
ausgedruckt ist, liest sich ein bisschen wie das “Who is Who” der Kirchengemeinde.
Viele, die man auch sonst in der Kirchengemeinde Sonntag für Sonntag im Gottesdienst
sieht oder in den Gruppen der Gemeinde, lassen sich wie selbstverständlich
ansprechen und sind dabei. Dass das so ist, hängt mit der integrierenden Kraft von
Simone und Bernd Geiersbach zusammen, die das Musical geschrieben und akribisch
inszeniert haben. Man kann sich nur schwer vorstellen, wieviel Stunden Probenarbeit
vor der Premiere heute Abend nötig waren, wieviel Stunden erforderlich waren, um
Kostüme zu schneidern und Kulissen zu gestalten. Gestalten Sie einmal einen Magen –
denn dahin ging die Körperreise.

Witze und Sprüche

übrigens: Weitere Namen nenne ich mal nicht. Denn das wäre eine
unzulässige Einengung. ich hatte den Eindruck: Alle, die dabei waren, in Haupt- oder
Nebenrollen, waren mit ganzem Einsatz dabei. Ob sie nun einen Witz erzählten oder
Sprüche klopften (“Der Alkohol ist der größte Feind des Menschen; doch schon in der
Bibel steht geschrieben: Du sollst auch deine Feinde lieben”), ob sie
Lebensweisheiten verbreiteten (“Wer als Ochs geboren wird, stirbt nicht als
Nachtigall”) oder auf die verbindende Kraft des Evangeliums hinwiesen (auf die
vielen Glieder an dem einen Leib, die zusammen gehören) – allen hat man abgespürt:
Das ist ihre Sache. Sie stehen mit ihrem Namen für das Musical ein.

Erschrockener Kirchenältester

Natürlich ist die Reise in den Körper hoch abenteuerlich. Vom
Besuch in der Leber kehrte Trip Assistant Dorette relativ volltrunken zurück, was
selbst den alten Kirchenältesten erschreckte. Der hatte sich lange und ernste Sorgen
um seinen Kirchenchor gemacht, weil der plötzlich nicht mehr auffindbar war. Alles
wurde dargestellt: die Leber und die Blutbahn und der Magen; und dabei konnte man
erleben, wieviel schauspielernde Talente es in Wolfhagen und Umgebung gibt: junge
und alte. Das Musical ist eben ein integrierendes Werk. Es integriert
unterschiedliche Generationen und unterschiedliche Berufsgruppen, Kirchenferne und
sonntägliche Kirchgänger. Und das ist gut so!

überzeugende Botschaft

Im Mittelpunkt stand neben viel Klamauk und Humor eine überzeugende
Botschaft: Das Hohelied der Liebe, das Paulus an die Gemeinde in Korinth vor fast
2000 Jahren geschrieben hat. Für mich war es der strahlende Höhepunkt des Musicals –
aber es ging danach noch weiter, weil der Kirchenchor natürlich wieder aus dem
Körper gerettet werden musste und weil die jungen Leute im Kirchenchor einfach keine
Ruhe gelassen haben und “Lobe den Herren” (in ungewohnter ökumenischer Version)
natürlich modern und natürlich getanzt singen wollten. Sie bekamen vom Komponisten
und von der Autorin ihren Willen.

Simone und Bernd Geiersbach sah man den ganzen Abend über nicht.
Sie waren einfach bei der Arbeit. Dass am Schluss Applaus aufbrandete und sich alle
von den Plätzen erhoben (nicht weil sie die Halle verlassen wollten, sondern als
Zeichen der Anerkennung), war der Lohn für einen gelungenen Abend.

Und übrigens: Konfirmandinnen und Konfirmanden aus den
Konfirmandengruppen von Pfarrerin Engelhardt-Lenz und Pfarrer Basteck sorgten am
Premierenabend für das leibliche Wohl – zu Gunsten der Renovierung der Stadtkirche.
Eine schöne Geste!