Deutschunterricht in der Pommernanlage

In froher Runde wird die deutsche Sprache gelernt.


Ein neues deutsches Wort


Deutschkurs für Asylbewerber
in der Pommernanlage

Dienstag,
15:30 Uhr. Im Gemeinschaftsraum des Gebäudes 5 der Pommernanlage versammeln
sich einige der über 70 Bewohner. Mal geht jemand, mal kommt jemand dazu. Es
geht locker zu an diesem Nachmittag. Mit dabei sind Ines und Heinz Riedel,
pensionierte Lehrer der Wilhelm-Filchner-Schule. Und die sind engagiert
dabei, seit in der Pommernanlage Flüchtlinge aus Syrien und Aserbaidschan,
aus dem Iran und anderen Ländern angekommen sind. Sie sind engagiert wie ein
großer Kreis von 30 Bürgerinnen und Bürgern aus der Stadt Wolfhagen, die
sich – verbunden in der ökumenisch-diakonischen Arbeitsgemeinschaft – darum
bemühen, dass den Asylanten das Eingewöhnen in deutsche Verhältnisse gut
gelingt. Und dazu gehören eben auch Heinz und Ines Riedel.

Riesenrad

An jenem
Dienstag haben Milana und Othman, George und Jammo und all die anderen
mitbekommen, dass Ines Riedel Geburtstag hatte. Also haben sie ein Bild
besorgt und eine Geburtstagstorte. Ines Riedel war richtig gerührt. Dabei
war sie gar nicht zum Geburtstag-feiern in das Gebäude 5 gekommen, sondern
zum Deutschunterricht. Aber was sein muss, muss sein. Also wird erst einmal
gefeiert. Aber wer Heinz und Ines Riedel kennt, der ahnt, dass das natürlich
nicht geht, ohne dass die deutsche Sprache dabei spielerisch gelernt wird.
Da wird beim lockeren Gespräch der Besuch des Hessentages erläutert. Und
bald steht “Riesenrad” an der Tafel, ein neues deutsches Wort.

Die deutsche
Sprache ist schwer. Es geht um die “Fälle”: der, die oder das? Othman muss
nicht lange überlegen. In der Mehrzahl heißt alles “die”, aber in der
Einzahl: die Stift oder das Stift, der Fenster oder die Fenster? Man spürt
an dem Nachmittag: Es geht immer besser. Auch bei den Zahlen. Vier Würfel
bilden eine Tausenderzahl. Und dann fängt George aus Syrien an:
Viertausendzweihundertdreiundvierzig. Es ist aber auch komisch: Eigentlich
liest man Viertausendzweihundertvierunddreißig – oder? Deutsche Sprache –
schwere Sprache. Manchmal, aber sehr selten, müssen Ines und Heinz Riedel
etwas in Englisch erläutern. Aber Deutsch soll ja gelernt werden, damit man
sich verständigen kann in der Stadt und mit den Menschen, die man kennen
gelernt hat in der Stadt, in der Gemeinde, beim monatlichen Kaffeetrinken in
der Pommernanlage.

Sim sala
bim

Und die
deutsche Sprache wird auch gelernt durch die Musik. Othman holt das
Akkordeon von Heinz Riedel und der gibt den Ton an. Zunächst werden die
schon bekannten Lieder gesungen, zum Beispiel: »Auf einem Baum ein Kuckuck
saß« mit dem beliebten »sim sala bim bam ba sala du sala dim«. Aber dann
kommt ein neues dazu: “Hab mein Wagen vollgeladen” – schnell hat man die
Melodie im Ohr. Der Text wird verteilt. Ines Riedel erläutert Wörter, die
auch bei Deutschen nicht mehr so bekannt sind: »Weibsen«, »murrten«,
»schalten«. Geduldig erläutern Heinz und Ines Riedel alles. Sie sind ein
eingespieltes Team. Man merkt, das Singen macht richtig Freude. Und es ist
völkerverbindend. Und generationenverbindend. Helena aus dem Iran ist ebenso
bei der Sache wir Hajid aus Syrien.

In der
nächsten Woche wird wieder Deutsch gelernt. Dann aber wieder am Montag. Um
15:30 Uhr. Alles freuen sich schon darauf. Ines und Heinz Riedel auch. Man
spürt es Ihnen ab.

Milana und Mariam verstehen sich gut mit ihrem Deutschlehrer Heinz
Riedel.

Weitere Fotos vom Deutschunterricht sehen Sie hier.