Fröhlicher Taufgottesdienst


Asylbewerber aus dem Iran waren mit dabei

Pfarrerin Ufholz feierte mit uns am gestrigen Sonntag einen
fröhlichen Taufgottesdienst. Zu einem kräftigen Marsch des Posaunenchores zogen
die beiden Tauffamilien ein, die Gemeinde erhob sich und freute sich an den
Säuglingen im Taufkleidchen.


Für jeden ein nettes Wort

Mit im Kirchenschiff saßen auch fünf Asylbewerber aus dem Iran.
Einige sind schon seit Wochen regelmäßig unsere Gäste, Amin kommt sogar jeden
Sonntagmorgen aus Vellmar zu uns gefahren, weil er sich in unserer Gemeinde gut
aufgenommen fühlt. Ali hatte heute eine Familie eingeladen, die erst in der
vergangenen Woche in die Pommernanlage gezogen ist. Der Vater der Familie hatte
seine persische Bibel mitgebracht und fragte mich als Erstes nach der Stelle der
Schriftlesung. Mit Hilfe unserer kleinen Gottesdienstordnung und unseres
Gesangbuches konnten alle fünf Gäste den Gottesdienst verfolgen. Ja, wir hatten
sogar eine englische übersetzung der Predigt mitgebracht, die intensiv gelesen
wurde. Die kleine Begegnung, von der Pfarrerin Ufholz zu Beginn der Predigt
erzählte, blieb Manchem im Gedächtnis: Ein Zugkontrolleur einer Bahnreise hatte
für jeden ein nettes Wort oder eine freundliche Auskunft übrig. Ein klein wenig
Menschenliebe genügte, die Atmosphäre in einem Zugabteil zu verändern. So ließ
sich der Predigttext gut verstehen:

Joh 15, 9-12:Wie
mich mein Vater liebt, so liebe ich euch auch. Bleibt in meiner
Liebe!…Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich
euch liebe.


Die Begeisterung war groß

Besonders beeindruckend war für die iranischen Gäste die Taufe, denn
sie mussten bisher im Iran ihre Gottesdienste geheim feiern. Deshalb staunten
sie über den wunderbaren Kirchenraum und die Möglichkeit für die achtjährige
Tochter, zur Taufe mit nach vorn zu gehen, um zu sehen, was geschieht. Als dann
sogar ein Erwachsener, nämlich der Vater einer Tauffamilie, sich taufen ließ,
war die Begeisterung groß. Mitglieder der Tauffamilie sprachen Segenswünsche und
zündeten ihre Taufkerzen an.

Das Vaterunser konnten Alle mitsprechen, sei es auf Deutsch, Englisch
oder Farsi. Mit einem Doppelchor, in dem sich die Bläser von Chorraum und von
der Empore die Melodien gegenseitig zuschickten, endete dieser Gottesdienst.
Für unsere Gäste blieb der Eindruck einer sehr aktiven
Gemeinde zurück, die “neue” Familie hat ein Stück Zuhause gefunden.


Regelmäßig eine Runde Tee

Ein paar Gottesdienstbesucher setzten sich noch einen Moment im
Dekanat zum Austausch mit den Iranern zusammen, denn die Gäste suchen
Gelegenheit, sich an unseren Veranstaltungen zu beteiligen. So eine kleine Runde
bei einem Tee könnte regelmäßig nach dem Gottesdienst angeboten werden, damit
alle, die die Zeit dazu haben, noch ein wenig ins Gespräch kommen können.


Fassungslos

Nicht erst heute wird deutlich, dass unsere Kirchengemeinde von den
Asylbewerbern in der Pommernanlage hoch geschätzt wird. Vier Familien haben
vorgezogen, in Wolfhagen eine Wohnung zu beziehen, weil sie erfahren haben, dass
sie hier Menschen finden, zu denen sie Vertrauen haben. Das ist ihnen mehr wert
als eine Wohnung in Kassel, die zwar den Weg zu den ämtern und ärzten
erleichtert (besonders finanziell!), aber die Asylbewerber allein lässt. Erst
gestern sprach ich einen iranischen Gast, der aus Bad Wildungen kam, um Wolfhager Freunde im Asylbewerberheim zu besuchen. Er
staunte über die Hilfsmaßnahmen, und der Wolfhager Asylbewerber meinte zu mir
fassungslos: Die müssen da alles allein regeln, da ist keiner, den sie fragen
können!