Der Vorsitzende der Kreissynode und der Vorsitzende des Kirchenkreisvorstandes


Rudolf Möse und Dr. Gernot Gerlach, der Vorsitzende der
Kreissynode und der Vorsitzende des Kirchenkreisvorstandes haben sechs
Jahrelang partnerschaftlich zusammengearbeitet.



Eine bereichernde Zeit



Rückblick auf sechs Jahre Kreissynode
mit Rudolf Möse



Rechtsanwalt Braun – Rechtsdirektor Ziegler – Dr. Nolte – Förster
Vollbracht –Studiendirektor Möse, das ist die beeindruckende Namensliste
der Vorsitzenden der Kreissynode des Kirchenkreises Wolfhagen seit
Beginn der 1970er Jahre. Jetzt geben Sie Ihr Amt ab. Tut es Ihnen leid,
dass Sie nicht wieder kandidieren dürfen?

RM: Zunächst einmal: Die Reihe meiner Vorgänger als Vorsitzende der
Kreissynode Wolfhagen ist in der Tat beeindruckend! – Es fällt natürlich
auf, dass bislang mein Berufstand fehlte. Und es wurde daher höchste Zeit,
dass sich ein Lehrer in diese Reihe einfügte.

Nun zu Ihrer Frage: Ehrlich gesagt, es tut mir leid, dass ich aus
Altersgründen nicht mehr für dieses verantwortungsvolle, herausfordernde Amt
kandidieren darf. Aber ich respektiere selbstverständlich die Grundordnung
der Evangelischen Kirche von Kurhessen Waldeck, die als eine der wenigen
Kirchen in der EKD die Altergrenze von siebzig Jahren für das passive
Wahlrecht vorsieht. Ich verrate Ihnen auch nicht zuviel, wenn ich Ihnen
sage, dass ich in der Landessynode aus guten Gründen gegen diese
Einschränkung gestimmt habe. Die Mehrheit der Landessynodalen war übrigens
ebenfalls für die Aufhebung dieser Alterseinschränkung. Allerdings sieht die
Grundordnung unserer Kirche dafür ein qualifizierte (2/3) Mehrheit vor, die
um wenige Stimmen verfehlt wurde. – Ich vermute, dass diese Thematik in der
nächsten Wahlperiode der Landessynode wieder eine Rolle spielen wird.

Der Kirchenkreisvorstand


Der Kirchenkreisvorstand im Frühjahr 2013 bei der Tagung der
Kreissynode in Dörnberg. Von links: Pfarrer Günter Schramm (Ehlen),
Christine Henkelmann (Ehringen), Rudolf Möse, Dekan Dr. Gernot Gerlach und
Eckart Bräutigam (Bad Emstal).


Welche Vorteile sehen Sie darin, dass ein “Laie” die Kreissynode
leitet? Und stört Sie, dass die Grundordnung unserer Kirche zwischen
“Laien” und Pfarrern unterscheidet?

RM: Nein, mich persönlich stört das nicht, dass in der Grundordnung
unserer Kirche zwischen “Laien” und Pfarrern unterschieden wird. Damit habe
ich kein Problem. Wenn wir von dem Priesteramt aller Gläubigen ausgehen,
arbeiten “Laien” und Pfarrer gemeinsam im Weinberg des einen Herrn.

Es mag in der Kreissynode manchmal in gewissen Stadien von
Vorteil sein, dass ein Laie sie leitet, weil dadurch eine Außenperspektive
in die innertheologische Sicht kommt. Das ist aber nicht zwingend.


Als Beobachter hatte man den Eindruck: Die Chemie zwischen dem Dekan
als Vorsitzendem des Kirchenkreisvorstandes und dem Vorsitzenden der
Kreissynode stimmt. Worin lagen die Besonderheiten dieser
Zusammenarbeit?

RM: Diese Beobachtung ist völlig richtig! Das hat sich aus meiner Sicht
positiv auf die Zusammenarbeit im Kirchenkreis ausgewirkt. Wenn Sie nach den
Besonderheiten dieser Zusammenarbeit mit Dekan Dr. Gernot Gerlach fragen, so
würde ich sie als handlungs-, ziel- und lösungsorientiert mit einem engen
Zeitmanagement beschreiben. Das schließt Offenheit, Transparenz, einen
guten, ständigen Kommunikationsfluss sowie konstruktive Kritik mit ein. Es
war und ist ein Miteinander, eine freundschaftliche gegenseitige
Wegbegleitung im Kirchenkreis Wolfhagen.






Rudolf Möse im Gespräch mit Gemeindegliedern in der Evangelischen
Stadtkirche in Wolfhagen.


Können Sie besonders schöne und besonders bedrückende Situationen in
den letzten sechs Jahren benennen?

RM: Sie werden verstehen, dass ich mich an dieser Stelle auf wenige
Beispiele beschränke, denn in den sechs Jahren dieser Wahlperiode hat sich
auch wieder viel zugetragen.

Als besonders schöne Situationen und Aktionen empfand ich zum Beispiel den
Tag der Kirchen im Wolfhager Land im Herbst vergangenen Jahres, der unter
dem auffordernden und einladenden Motto “Komm mal rüber …!” stand. Natürlich
sind unsere Kirchen weithin sichtbare, prägende Merkmale unserer Städte und
Dörfer, architektonische Schönheiten. Sie stehen aber nicht um ihrer selbst
willen dort, sondern sind Ausdruck eines christlichen Denkens, Fühlens und
Glaubens. Am Tag der Kirchen führten sie Menschen im Wolfhager Land
zusammen. Das war bereichernd.

Zwei Dankeschön-Abende – 2010 in Zierenberg und im März
diesen Jahres in Wolfhagen würdigten insbesondere das ehrenamtliche
Engagement vieler Helferinnen und Helfer in der Diakonie und in vielen
kirchlichen Gruppen und Einrichtungen, u. a. in den Kirchenvorständen. Diese
Ehrenamtstage gehören von daher zu den besonders schönen Ereignissen.

Natürlich darf auch die Renovierung der Evangelischen Stadtkirche in
Wolfhagen, die mit sehr großen finanziellen Anstrengungen verbunden war, in
diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben. Vor zwei Jahren, in der
Adventszeit 2011, konnte die evangelische Kirchengemeinde in Anwesenheit
unseres Bischofs Prof. Dr. Martin Hein wieder in ihr Gotteshaus einziehen.

In gelebter ökumene hatten die Gottesdienste während der Renovierungszeit
der Stadtkirche in der katholischen Kirche stattgefunden.

Weinverkauf beim Branchenfenster


Beim Branchenfenster der Stadt Wolfhagen bietet Rudolf Möse
werbewirksam Kirchenwein zum Verkauf an.

Auch wenn ich mich eigentlich auf nur drei positive Beispiele beschränken
will, muss doch die archäologische Fachtagung in der Mitte
dieses Jahres genannt werden, die die überraschenden Funde innerhalb und
außerhalb der Stadtkirche in Wolfhagen wissenschaftlich in hochkarätiger
Besetzung aufarbeitete und einordnete.

Ja, es gab auch bedrückende Momente in dieser Wahlperiode. Auch hier
beschränke ich mich auf drei exemplarische Beispiele. Es ist traurig, wenn
ein Kirchenchor mangels stimmlichen Nachwuchses nicht mehr weiter singen
kann, nachdem er über viele Jahre zum Lobe Gottes in vielfältiger Weise in
den Gottesdiensten einer Kirchengemeinde mitgewirkt hat.

Auch die Pfarrstellenanpassung ist nicht immer einfach zu vermitteln und
bedarf einer einfühlsamen Kommunikation. Aber Transformationsprozesse sind
erforderlich, wenn die Faktenlage sie gebieten. Das kann manchmal zu
Veränderungen führen, die nicht immer gewünscht sind.

Wirklich enttäuschend war in dem Reformprozess 2020 die Fusion der
Kirchenkreise Kaufungen und Kassel-Land, ohne dass die kirchlichen
Strukturen in ein Gesamtkonzept unter Berücksichtigung der Kirchenkreise
Hofgeismar und Wolfhagen eingebunden sind.

Enttäuschend auch deswegen, weil wir im Kirchenkreis Wolfhagen immer
versucht haben, zu agieren und nicht nur zu reagieren.


Die Kreissynode hat in den vergangenen sechs Jahren viele Dinge auf
den Weg gebracht und Worte an die Gemeinden veröffentlicht. Haben Sie
den Eindruck, dass die Worte die Gemeinden auch erreicht haben?

RM: Ich kann es nur hoffen. – Die Kreissynodalen, gleichgültig ob
Pfarrerin oder Pfarrer oder ob “Laie”, sind ja Multiplikatoren, die die
Beschlüsse, Handlungsimpulse, Aufrufe und Gedanken, die in den Kreissynoden
entwickelt wurden, zeitnah in die Kirchenvorstände tragen. Es
liegt natürlich in der Entscheidungsfreiheit einer jeden Kirchengemeinde, in
welcher Form sie die Umsetzung verfolgt.


Souverän und ohne Lampenfieber haben Sie die Synodaltagungen geleitet.
Oder täuscht mein Eindruck?

RM: Wenn Sie diesen Eindruck gewonnen haben, werde ich mich hüten, Ihnen
zu widersprechen.

Auf jeden Fall hat es mir viel Freude bereitet, die Synodaltagungen in den
sechs Jahren leiten zu dürfen.

Im Dekanat beim Bischofsbesuch im November 2013


Rudolf Möse mit Bischof Dr. Martin Hein und Dekan Dr. Gernot
Gerlach beim Kurzbesuch des Bischofs am Donnerstag der zweiten Adventswoche
2013 im Evangelischen Dekanat in Wolfhagen.


Sie vertreten den Kirchenkreis Wolfhagen weiter in der Landessynode.
Ist diese Aufgabe für Sie bereichernd? Und wo liegt der besondere Reiz
dieser Aufgabe?

RM: Die Landessynode ist das oberste Beschlussorgan der Evangelischen
Kirche von Kurhessen – Waldeck. Natürlich ist es bereichernd, an der
Gestaltung des kirchlichen und diakonischen Lebens in unserer Kirche
landesweit mitwirken zu dürfen. Und das für einen Raum, der immerhin von der
Nordspitze Hessens bis vor die Tore Frankfurts reicht. Die Landessynode ist
ein Leitungsorgan, von dem erwartet werden kann, dass es Orientierung gibt,
Lösungen sucht und findet, Probleme aufgreift und diskutiert, Entscheidungen
fällt und auf deren Umsetzung achtet. Thematisch spiegeln die
Tagesordnungen der Landessynoden alle Aspekte des kirchlichen, gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Lebens der Menschen
wider.


Am Beginn Ihrer Dienstzeit als Vorsitzender der Kreissynode stand der
Besuch des Bischofs im Kirchenkreis. Jetzt, am Ende Ihrer Amtszeit, war
der Bischof wieder in Wolfhagen. Hatte das eine besondere Bedeutung für
Sie?

RM: Ja, hier schließt sich ein Kreis. Wenn Sie an die hohe Zahl der
Kirchenkreise in unserer Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck denken, ist eine
Kirchenkreisvisitation durch den Bischof eine Besonderheit, die in demselben
Kirchenkreis nur in äußerst großen Zeitabständen erfolgen kann. Der Bischof
verschaffte sich bei seiner Visitation des Kirchenkreises Wolfhagen zu
Beginn der jetzt auslaufenden Wahlperiode ein umfassendes Bild dieses
Kirchenkreises, führte Gespräche mit den Menschen unterschiedlichster
Gruppen und Einrichtungen innerkirchlichen Lebens und weit darüber hinaus.

Jetzt, zum Ende dieser Wahlperiode, besuchte Bischof Prof. Dr. Martin Hein
die Flüchtlinge in der Pommernanlage in Wolfhagen. Damit unterstrich er eine
Erklärung der Landessynode vom Ende November diesen Jahres zur Aufnahme von
Flüchtlingen aus Syrien in Deutschland. Er setzte damit ein konkretes
Zeichen einer Willkommenskultur und dankte allen Gemeinden und dem
ökumenischen Arbeitskreis “Flüchtlingsarbeit” in Wolfhagen für sein
ehrenamtliches Engagement. In diesen Dank schloss er selbstverständlich auch
alle hauptamtlich Tätigen ein, die mit dieser Thematik befasst sind.


Vielen Dank, lieber Herr Möse, dass Sie sich dem Gespräch zur
Verfügung gestellt haben.

Das Gespräch mit Rudolf Möse führte Günther Dreisbach.

Rudolf Möse und Martin Hein

Rudolf Möse mit Bischof Dr. Martin Hein am Rande des Bischofsbesuchs in der
Pommernanlage in Wolfhagen.