Eine Ausstellung mit so vielen Originalexponaten aus der Lutherzeit ist selten. Die ev. Kirchengemeinde Wolfhagen verantwortet sie in Zusammenarbeit mit dem Regionalmuseum.
Am 1. Juni um 19.30 Uhr wird Herr Pfarrer Wilhelm Schmidt in den Räumen des Regionalmuseums eine Einführung in seine Ausstellung geben. Er hat sein Pfarrerleben lang Antiquitäten gesammelt, die mit Martin Luther zusammenhängen und kann zu jedem Stück eine kleine Geschichte erzählen.
Besuchergruppen, auch Jugendgruppen, die eine Führung wünschen, können sich direkt beim Regionalmuseum informieren oder bei Ursula Muth, 0157 71 57 43 71. Herr Schmidt bietet auch selbst Führungen an.
Ein Interview mit Pfarrer Schmidt gibt einen ersten Eindruck:
Was fasziniert Sie an Martin Luther? Neben der Person des Reformators ist es die Zeit der Renaissance, die mich schon immer fasziniert hat. Die Renaissance entdeckt in jeder Hinsicht das Individuum, also die Würde und das Gewissen des einzelnen Menschen, die Freiheit zur geistigen Selbstbestimmung, letztlich auch die Toleranz, obwohl der Begriff erst 200 Jahre später aufkommt; im Grunde sind das Werte, auf denen unsere Gesellschaft bis heute beruht. Luther bringt diese Denkbewegung in seine Kirche und setzt sich vehement gegen geistige Bevormundung und für Gewissensfreiheit und Bildung für alle ein.
Wie ist die Ausstellung aufgebaut? Sie besteht aus ca. 150 Exponaten, die Einblicke in die Welt gewähren, in die Luther geboren wurde. Darunter die früheste Darstellung von der Landung des Kolumbus in „Westindien“, der Verbrennung des böhmischen Reformators Jan Hus, einem sog. „Kettenbuch“, zahlreichen Flugschriften Luthers, Gemälden aus vier Jahrhunderten, die Luther ganz unterschiedlich ins Bild setzen. Alltagsgegenstände, Keramik, Waffen aus dem Bauernkrieg, zeitgenössische Zahlungsmittel beleuchten, wie man gelebt hat. Auch Gegenstände der Lutherverehrung der folgenden Jahrhunderte, der Lutherromantik und vieles mehr werden zu sehen sein. Das Museum ergänzt regionale Besonderheiten. Ein reich illustriertes Begleitbuch gibt Auskunft über die Ausstellungstafeln hinaus.
Auf welche Stücke in Ihrer Ausstellung wollen Sie uns besonderen Appetit machen? Ich gehe davon aus, dass die Ausstellung keinen langweilen wird, der sie besucht. Auf die einzelnen Stücke kommt es aber weniger an, sondern auf das, worauf sie hinweisen. Besondere Zugänge zu Luther und seiner Zeit bilden vielleicht ein Schloss von der Eingangstür zur Lutherstube auf der Wartburg. In diesem Raum ist das Neue Testament in eine Sprache gegossen worden, die im Grunde die verschiedenen deutschen Regionen zu einer Nation vereint hat. Ein Handwerker vor 80 Jahren sollte das Schloss reparieren. Weil das nicht möglich war, hat er es ausgetauscht. So ist das Schloss hierher gekommen. Oder eine Schrift des Ablasskrämers Johannes Tetzel, von denen es weltweit nur eine Handvoll gibt. Denn Studenten Luthers setzten den Ochsenkarren, der die Schriften auf den Wittenberger Markt transportieren sollte, vor den Toren der Stadt in Brand. Ein beherzter Student bewahrte einige vor der Vernichtung. Sehenswert ist auch die wohl noch zu Luthers Lebenszeiten entstandene Satire eines Malers der Renaissance, die auf humorvoll Weise Luther mit dem Papst im Zweikampf liegend zeigt. Die Frage, was Satire vermag, ist wieder ganz aktuell.