Es ist zwar schon ein paar Tage her, aber auch an dieser Stelle wollen wir noch einmal auf das Weihnachtsoratorium in der Wolfhager Stadtkirche zurück blicken.

Text aus der HNA von Günther Dreisbach:
Das war nach dem Epiphaniastag ein »Hochamt« der Kirchenmusik, um diesen eigentlich für einen eucharistischen Gottesdienst verwendeten Begriff einfach einmal auszuleihen. Der musikalische Abendgottesdienst bestand aus der Aufführung der Kantaten 4, 5 und 6 des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach. Und es war ein lange vorbereiteter und gut zelebrierter Gottesdienst mit Lesungen und Gebeten und ohne gesprochenes Wort. Die Musik des Bach’schen Weihnachtsoratoriums gehört ursprünglich sowieso in sechs Gottesdienste, auch wenn die Aufführung heute oft in zwei Blöcken – Kantaten I bis III und IV bis VI – konzertant erfolgt.

In diesem Jahr waren die Kantaten IV bis VI dran in einer wunderschönen Gemeinschaftsleistung dreier Chöre: der Kantorei Zion aus Kassel, der Harleshäuser Kantorei und der Kreiskantorei Wolfhagen. Die jeweiligen Chorleiter – in Kassels Zionskirche Christine Spuck, in Harleshausen Daniela Weltecke und in Wolfhagen Bernd Geiersbach – leiteten die Aufführungen. Und ein fein ausgesuchtes Orchester Kasseler  Musikerinnen und Musiker sorgte für hervorragende Musik. Man hatte den Eindruck, dass alle Instrumentalisten Solistinnen und Solisten sind. Präzise und aufmerksam gingen sie ihrer Arbeit nach, fügten sich in das Gesamtensemble ein und traten hervor, wenn sie gebraucht wurden bei den Arien und Duetten.

Flott wurde musiziert. Bernd Geiersbach hatte Orchester und Chor voll »im Griff«. Gute Probenarbeit wirkte sich bei der Aufführung in der voll besetzten Stadtkirche aus. Hohe Konzentration war zu spüren bei den Instrumentalisten und den Sängerinnen und Sängern. Und ich fühlte mich erinnert an ein älteres Kirchenlied, in dem es heißt: »Ein jeder stehe, wo er steht, und tue seine Pflicht; wenn er sein Teil nicht treu erfüllt, gelingt das Ganze nicht.« So war es. Und dann 80 Frauen und Männer singend beten zu hören: »Jesus, richte mein Beginnen. … Jesus, lasse mich nicht wanken«, das geht schon unter die Haut. Und das kann man ja nur singen, wenn man’s wirklich glaubt. Also: Es war ein schöner und mutmachender Gottesdienst. Und: Wenn 80 Frauen und Männer als Vertreter der Heiligen Drei Könige an der Krippe anbetend singen »Ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben«, dann spürt man förmlich, wie sich das Krippenkind freut.

Die Gesangssolisten waren von hoher Qualität. Daniela Weltecke, die Harleshäuser Chorleiterin, glänzte durch einen leuchtenden, seriösen Sopran. Das gotische Gewölbe der Kirche transportierte die saubere Intonation bis in die letzten Winkel. Monika Günther als Echo-Sopran war eine ausgezeichnete Partnerin von Daniela Weltecke in der Arie »Flößt, mein Heiland«. David Heimbucher (Tenor), dem die Rolle des Evangelisten zukam, agierte mit strahlender Stimme und jugendlicher Frische und machte deutlich, dass das Evangelium nichts Zurückgebliebenes, sondern etwas hoch Aktuelles ist. Daniela Bianca Gierok als Altistin agierte souverän, sowohl in ihren Solopartien als auch in dem wunderschönen Terzett »Ach, wann wird die Zeit erscheinen«. Jochen Faulhammer ersetzte kurzfristig den erkrankten Justus Wilcken als Bass und fügte sich gut ein in das Solistenensemble. Lang anhaltender Applaus am Ende des Gottesdienstes war das äußere Zeichen für eine außergewöhnlich gute Leistung nach einer harten Probenarbeit. Die Wolfhager Kirchenmusik ist mit Kantor Bernd Geiersbach hervorragend aufgestellt. Das musste nicht mehr bewiesen werden. Aber die Aufführung im Vorabendgottesdienst zum Sonntag nach Epiphanias war ein Ausrufezeichen. Und das war gut so.

Fotos: Artur Dobra