Pfarrer Hans Jürgen Basteck

2007

Im Herbst trifft sich eine kleine Abordnung der
Kirchengemeinde Wolfhagen zu einem ersten Sondierungsgespräch mit dem
zuständigen Referenten für Baufinanzierung, Kirchenverwaltungsoberrat Wilhelm
Kniffert, im Landeskirchenamt in Kassel. Mit der Entrümpelung des Dachbodens
hatten zwei Jahre zuvor erste Voruntersuchungen begonnen, die klären sollten,
welchen Umfang eine Instandsetzung der Wolfhager Stadtkirche haben müsste. Bis
zu diesem Zeitpunkt ging man noch von einem gut zu bewältigenden und relativ
überschaubaren Renovierungsumfang aus. Nach dem Gespräch mit den Fachleuten im
Landeskirchenamt wurde allen Beteiligten jedoch deutlich: die Renovierung der
Stadtkirche wird ein Millionenprojekt.


2008

Der neu gewählte Kirchenvorstand kommt an einem
Samstag im Februar im Chorraum der Stadtkirche zusammen, um gemeinsam über einen
ersten Konzeptentwurf des mit der Sanierung beauftragten Architekturbüros zu
beraten. Mit Hilfe von Stellwänden, Schaubildern, Planungsskizzen und einer
Abstimmung nach (Klebe-) Punkten nähert man sich einem Konzept, das den
Architekten die Möglichkeit zur Weiterentwicklung gibt.


2009

Unter der überschrift “St. Anna braucht Hilfe”
berichtet die Wolfhager Allgemeine vom Baubeginn der Renovierungsarbeiten. Die
Konfirmationsfeiern Anfang Mai wurden zunächst noch abgewartet, dann beginnen
mit der Einrüstung der Nordfassade die ersten beiden Bauabschnitte. Weite Teile
der Außenfassade verschwinden nach und nach unter einer großen Arbeits- und
Schutzhülle.

Inzwischen ist die Kirchengemeinde Wolfhagen in das
Förderprogramm des Kirchenerhaltungsfonds der Landeskirche von Kurhessen-Waldeck
aufgenommen worden. Alle zwischen Mai und November eingehenden Spenden sollen
durch den Fonds verdoppelt werden. Unter dem Motto “Aus Eins mach Zwei. Die
Kirche verdoppelt ihre Spende.” setzt eine bis dahin für Wolfhagen beispiellose
Sammelaktion ein. Am Ende sind während der auf sechs Monate befristeten
Förderphase über 98.000,- € eingegangen!


2010

Im Frühjahr rückt die Baustelle ins Kircheninnere. Mit
einer riesigen Staubwand, die den Chorraum vom Hauptschiff trennt, gehen die
Handwerker die umfassende Restaurierung des Chorbereiches an. Hier waren
gravierende Mauerschäden sowohl an der Außen- als auch der Innenfassade
festgestellt worden. Sowohl moderne als auch traditionelle Bearbeitungsmethoden
kommen zum Einsatz. Die eigentliche Entdeckung macht man jedoch im Fußboden:
alte Mauerreste treten zutage, die die ursprüngliche Gestalt eines Vorgängerbaus
erahnen lassen.


2011

Einen weiteren, überraschenden Fund machen die
Arbeiter im darauffolgenden Jahr im südlichen Hauptschiff. Eine rund gemauerte
Einfassung wird freigelegt, die zu weiteren Spekulationen Anlass gibt.
Bodenarchäologie und Bauforschung brauchen freilich ihre Zeit. Es tut sich die
Frage auf, ob das gesetzte Ziel, das Weihnachtsfest 2011wieder in der
Stadtkirche zu feiern, überhaupt noch erreichbar ist. Schon seit Februar halten
die evangelischen Christen dank der Gastfreundschaft der katholischen Gemeinde
ihre Gottesdienste in der Kirche St.Maria ab. Die komplette Einrüstung des
Innenraumes führte den Verantwortlichen noch einmal deutlich vor Augen, welche
Schäden es im Deckenbereich zu beheben gibt, aber auch welche Schätze die
Wolfhager Kirche birgt. Nach gründlicher Abwägung entscheidet sich der
Kirchenvorstand zu der zusätzlichen Ausgabe von 15.000,- €, um die historischen
Gewölbeschlusssteine fachkundig restaurieren und neu ausmalen zu lassen.

Im September ist nach dem Abbau des Baugerüstes zum
ersten Mal seit eineinhalb Jahren wieder ein freier Blick von der Eingangstür
bis zu den Chorfenstern Hans Gottfried von Stockhausens möglich. Nun lässt sich
allmählich erahnen, welch’ lohnende Investition die Arbeit der letzten Monate
gewesen ist.

Die frischen Farben werden von einem eigens
entwickelten Beleuchtungssystem geschickt in Szene gesetzt; eine komplett neue
Mikrofonanlage ermöglicht dem Besucher ein neues Klang- und Raumerlebnis; die
historische Architektur wurde auf behutsame Art und Weise rekonstruiert, wie
sich an der angrenzenden Sakristei ablesen lässt; der Einbau einer neuen
Heizungsanlage ermöglicht eine ganzjährige und komfortable Nutzung der Kirche.
Diese und viele weitere baulichen Eingriffe runden das Gesamtbild einer
ehrwürdigen Stadtkirche ab, die für kreative Ideen nun im neuen Gewand wieder
zur Verfügung steht.

Mit der Sanierung dieser Stadtkirche hatte sich die
Kirchengemeinde eines Generationenprojektes angenommen. Beurteilen Sie selber,
liebe Besucher, ob das Projekt gelungen ist!