Grüner Rock unter dem Talar



Margot Käßmann las und signierte in Wolfhagen


An diesem Abend musste alles stimmen. Und die gottesdienstliche
Gemeinde wurde voll mitgenommen in das Geschehen. Die Pastorin der
Evangelisch-lutherischen Kirche Hannovers, Professorin Dr. Dr. Margot
Käßmann, war zu Besuch in der Kirche, in der sie 1983 ihre erste Predigt
gehalten hat. Da wurde noch einmal eine Mikrophonprobe gemacht. Alle sollten
alles verstehen. Ursula Muth, Vorsitzende des Kirchenvorstandes der
Kirchengemeinde verriet, dass sich der Kirchenvorstand Sorgen gemacht hatte,
ob die Plätze alle reichen. Am Ende waren die zusätzlichen Stühle im
Chorraum überflüssig. Und doch hat sich die Kirchengemeinde über ein »volles
Haus« gefreut. Ursula Muth, Schwester der ehemaligen hannoverschen
Bischöfin, informierte darüber, dass der Hessische Rundfunk festgestellt
habe, dass 76 Prozent der Hessen die Kirche für wichtig halten. Sie gab
Hinweise zum Signieren der Bücher und zum Büchertisch und erläuterte, dass
Pfarrer Basteck, der geschäftsführende Pfarrer, keine Stimme habe und
deshalb sie die Begrüßung übernehme.

Hohe Erwartungen

Die Kerzen auf dem Altar waren angezündet, die Glocken läuteten. Es war
Gottesdienst. Und dann kam sie, auf die so viele gewartet hatten. Die
Buchhandlung Mander hatte extra ein Fenster mit Käßmann-Büchern dekoriert.
Die HNA hatte die Gelegenheit, ausführlich zu berichten und ein Interview
mit Margot Käßmann zu machen. Da waren die Erwartungen hochgeschraubt.

Pastorin Käßmann berichtete von ihrer ersten Predigt auf der Wolfhager
Kanzel und davon, dass ihr Mentor, Pfarrer Reinhold Kalden, den grünen Rock
unter dem Talar moniert habe. Seitdem trage sie schwarz unterm Talar. Sie
zeigte sich beeindruckt von der Renovierung der Kirche und las dann aus
ihrem Buch »Sehnsucht nach Leben«. Sehnsucht nach Leben, Sehnsucht nach
Heimat, Sehnsucht nach Frieden, Sehnsucht nach Trost und Sehnsucht nach
Liebe – das waren ihre Stichworte.

Zu Hause gefühlt

Was sind meine Hoffnungen im Leben? Die Sehnsucht stelle die Frage nach
dem Sinn des Lebens. Träumende und sich Sehnende würden belächelt, zum
Beispiel Martin Luther King. Aber schon in den Psalmen werde von den
Träumenden positiv berichtet. – Beim Abschnitt »Sehnsucht nach Heimat«
berichtete Dr. Käßmann von dem Besuch mit der Mutter in der ehemaligen
pommerschen Heimat und davon, wie sie – zum vierten Mal schwanger – zu einer
Tagung nach Australien geflogen sei. »Du singst ‘Lobe den Herren‘ und fühlst
dich zu Hause; du betest das Vaterunser – und fühlst dich zu Hause; du hörst
die Glocken – und fühlst dich zu Hause.«

»Gebt dem Frieden eine Chance« meinte die ehemalige Wolfhager Vikarin und
betonte, dass es keine Theologie des Erfolgs oder des Triumphs gebe, sondern
dass für Christinnen und Christen allemal gelte »Soli Deo Gloria«. Kritisch
setzte sie sich mit den Militärausgaben auseinander und machte deutlich,
dass das Eigentliche der Kirche das Evangelium sei. und das rede vom
Frieden. Christen und Christinnen hätten erheblichen Anteil an der
friedlichen Revolution der späten 1980er Jahre gehabt.

Eine Frau auf der Kanzel

Bei »Sehnsucht nach Trost« kam Dr. Käßmann auch auf das Thema Sterben zu
sprechen, ein Thema, dem wir auswichen, das aber alle berühre und alle
betreffe. Von Heinz Zahrnt, einem Theologen, habe sie gelernt, dass der
Exitus für Christen ein Introitus sei. Der Tod sei kein hoffnungsloser Fall.
– Und dann ging es um die »Sehnsucht nach Liebe«. Da kam sie erst einmal auf
den Apostel Paulus zu sprechen, der immerhin geschrieben habe »das Weib
schweige in der Gemeinde«, und darauf, dass der alte Buchhändler Schomburg
ihr gesagt habe, dass der alte Dekan nie erlaubt hätte, dass eine Frau in
Wolfhagen die Kanzel betritt. Freiheit, Liebe und Lebenslust seien
Geschwister. Paulus schreibe, dass Glaube, Liebe und Hoffnung blieben, dass
aber die Liebe die größte unter ihnen sei. Da gebe sie Paulus Recht.

Lang anhaltender Applaus, sonst in Gottesdiensten eher ungewöhnlich,
machte deutlich, dass sich hier eine Gemeinde versammelt hatte, für die die
Schriftstellerin und Pastorin eine wichtige Bezugsperson ist.

Waren Sie schon in Afghanistan?

Und dann wurden noch Fragen zugelassen. Geduldig antwortete Dr. Margot
Käßmann auf die Fragen, was eigentlich aus ihrer Mutter geworden ist, wie
ihr Verhältnis zu einem Menschen sei, der sie nicht leiden konnte und welche
Bedeutung die Kirche für die heutige Zeit habe. Und dann wollte jemand auch
noch wissen, ob sie schon in Afghanistan gewesen sei und spielte damit an
auf die Einladung, die sie noch in ihrer Zeit als Bischöfin erhalten habe.
Da wäre sie als Bischöfin hingeflogen, jetzt habe sie aber dafür kein
Mandat. Und als Touristenziel eigne sich Afghanistan nicht.

Schröder und Geißler bekommen Honorar

Und dann wurde die Veranstaltung beendet, weil keine Fragen mehr gestellt
wurden und weil es zu kalt in der Kirche wurde. »Die Heizung muss weiter
beobachtet werden« meinte die Vorsitzende des Kirchenvorstandes. Margot
Käßmann wollte dann noch »Der Mond ist aufgegangen – oder so was« singen.
Und das tat die Gemeinde dann auch. Ursula Muth ließ die Versammelten noch
wissen, dass Gerhard Schröder und Heiner Geißler fünfstellige Euro-Beträge
für einen Vortrag bekommen, dass ihre Schwester aber einfach so komme.
Wieder Applaus. Man brauche noch 7.782 € für die Schlusssteinrestaurierung.
Spenden seien am Ausgang willkommen.

Und dann bildete sich eine wahrhaft lange Schlange von Käßmann-Fans durch
den Chorraum in die Sakristei. Geduldig schrieb die Professorin nicht nur
ihren Namen, sondern auch eine persönliche Widmung in die Bücher, die ihr
vorgelegt wurden.

Empfang zur Gottesdienstzeit

Am morgigen Sonntag spricht Margot Käßmann in der Stadthalle beim
Neujahrsempfang der Stadt Wolfhagen über christliche Werte. Der Empfang
beginnt um 11:00 Uhr, zu der Zeit, in der die katholische Gemeinde Wolfhagen
und die zur Stadt Wolfhagen gehörenden evangelischen Gemeinden in
Ippinghausen und Istha ihre Gottesdienste feiern.

Werbung ist alles

Schützeberger Straße 29 – Buchhandlung Mander.
Ein schöner
Hinweis auf eine beliebte Pastorin.

Volles Gotteshaus

Nicht am Sonntagmorgen, sondern am Sonnabendabend.
Die Kirche ist
fast voll besetzt.
Es war halt ein außergewöhnlicher Gottesdienst.

Signieren

Im Gottesdienst selbst gab es keine Fotos.
Deshalb jetzt gleich
eines vom Signieren der Bücher.
Margot Käßmann strahlt Freude aus.

Katharina Schramm und Margot Käßmann.
Für jeden und jede hat sie
ein gutes Wort.
Käßmann-Bücher sind beliebt.

Und immer weiter wird signiert

Der Kreis der Begeisterten nimmt kein Ende.
Meist Frauen sind
interessiert an einer Unterschrift.

Lange Schlange

Eine lange Schlange hat sich gebildet.
Alle wollen eine
Unterschrift von der beliebten Pastorin.

Buchhandlung mander

Und gut für’s Geschäft ist das auch.
Beate Knieling von der
Buchhandlung Mander verkauft Käßmann-Bücher.