Pröpstin Katrin Wienold-Hocke

Gott nahe zu sein


ist mein Glück.

Psalm 73,28 | Jahreslosung für 2014

Gedanken von Pröpstin Katrin Wienold-Hocke, Kassel



Jesu, meine Freude



Von der Freude weiß die Bibel viel

Gott und das Glück gehören zusammen. Glauben macht
glücklich – das ist eine wunderbare Werbung für das Christentum. Der Vers ist
eine schöne Jahreslosung, weil er so kurz ist und so positiv, weil
er ins Volle greift und nichts weniger als Glück verspricht. Er
passt in die Zeit, denn immer mehr Menschen sind auf der Suche nach ihrem Glück. Die Werbung macht
sich die Sehnsucht nach dem Glück zu Nutze, wenn sie nahelegt, mit dem Zuhause für die Familie könne man auch
gute Nachbarschaft und glückliche Stunden kaufen. Das ist leicht durchschaut.

Es ist längst klar, dass Glück etwas anderes bedeutet.
Wohlstand, Erfolg, Beliebtheit und Schönheit, Gesundheit – Menschen können
großes Glück haben und trotzdem zutiefst unglücklich sein.

Auf der Suche nach ihrem persönlichen Glück, nach dem, was
ihnen auf die Dauer gut tut, entdecken Menschen Werte wie Treue
und Nächstenliebe wieder. Die psychologische Forschung belegt,
dass es dauerhaft glücklich macht, wenn ich anderen eine Freude
mache.

Menschen öffnen sich dafür, dass das Glück ein Geheimnis
ist. Sie suchen in guten Worten und positiven Gedanken, in der Tiefe ihrer Seele
nach der Kraft des Glücks. Die Jahreslosung nimmt diese Suche auf
und zeigt auf Gott.

Gott nahe zu sein ist mein Glück. In der Tiefe meiner
Seele, in seinen guten Worten, in der Schönheit der Natur und in
der Freude meiner Nächsten begegnet mir Gott, und mit ihm mein Glück.

Aber steht das überhaupt so in der Bibel? In der
Luther-Bibel gehen Gott und das Glück nicht zusammen,
das Wort “Glück” kommt nicht ein einziges Mal vor.
Der Psalmvers heißt dort: das ist meine Freude, dass ich mich
zu Gott halte.

Und von der Freude weiß die Bibel viel. Wie schön die Welt
ist, vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang, von einem Jahr
bis zum nächsten, für uns geschaffen. Wie köstlich Gottes Gaben, Wein, öl und
Honig sind, und wie sie die Seele stärken, wenn sie in Frieden und Freundschaft
genossen werden.

Von der Freude an der zärtlichen Liebe erzählen die
Geschichten der Urväter, von Saras Lachen, die im hohen Alter noch Mutter wird,
von Miriams Tanz, als ihr Volk aus der Sklaverei befreit ist. Wenn Jesus eine
verkrümmte Frau heilt, sodass sie sich aufrichten und singen kann, wenn er
einkehrt und feiert, wenn er vom Reich Gottes spricht, kostbar und
schön wie eine Perle, ist diese Freude spürbar.

Jesus ruft Menschen ihr Glück zu. Selig seid ihr, sagt er
denen, die nicht glücklich sind: den Trauernden, denen, die, sich nach
Gerechtigkeit sehnen und Frieden stiften. Sie gehören zu ihm, in sein Reich. Sie
sind mit ihm unterwegs zu Gottes Zukunft.

Gott nahe zu sein ist mein Glück.

Erwarten wir deshalb ein glückliches Jahr in 2014?

“Meine letzten Jahre waren verlorene Zeit”.
Der mir das sagte, erzählte viel von sich und seinem Leben, von seinem Beruf, in
dem es nicht voran ging, von Versprechen, die man ihm gemacht und nicht
eingehalten hatte. Er war allein gewesen, mehr als ihm gut tat. Keine großen
Dramen, aber eben auch kein Glück, das habe ich gehört und seine Traurigkeit
geteilt.

Sein Urteil über die Jahre seines Lebens
geht mir nach. Innerlich widerspreche ich ihm bis
heute. Dass es in meinem Leben verlorene Jahre geben kann,
glaube ich nicht. Dabei habe ich auch Schweres
erlebt, Sterben und Krankheit, und mir keinen Reim darauf machen können, ich
habe Fehler gemacht und Scherben hinterlassen, und ich habe gesehen, dass mein
größtes Glück mich zutiefst verletzlich macht. Es macht mir zu schaffen, dass
wir unsere Umwelt gefährden und dass ich nicht mehr für die vielen Heimatlosen
tue- aber ich glaube nicht, dass meine Jahre verloren sind. Darüber entscheide
ich nicht selbst.

In all dem trägt mich die überzeugung, dass Gott mir nahe
bleibt, selbst wenn ich es nicht spüre. Fehler und Umwege gehören dazu, auch
Zeiten der Krise. Nicht ich beurteile mein Leben und schmiede mein Glück mehr
oder weniger erfolgreich: dass Gott auf mein Leben sieht und in ihm wirkt, trägt
mich. Ich werde gebraucht und bin vor Gott wichtig, darum lässt er mich und mein
Leben nicht verloren gehen. Ich kann mittun an dem Guten, das er für diese Welt
will.

Was für ein Glück. Gott nahe zu sein, weil er nahe kommt.
Weil er ein ganz normales Menschenleben auf sich nimmt, damit ich seine Liebe
erfahre und singen kann: Jesu, meine Freude.

Erwarten wir ein Jahr des Glücks in 2014!